Im Sommer 2014 hat der Köpenicker Unternehmer Matthias Große das Müggelturm-Areal vom Land Berlin gekauft und im Januar 2015 einen Bauantrag gestellt, der bisher noch nicht genehmigt wurde. Warum nicht?
Hölmer: Herr Große ist Unternehmer und als solcher ist er es gewohnt, die Ärmel hochzukrempeln und Dinge umzusetzen. Er ist es nicht gewohnt, Verwaltungsprozesse abzuwarten, die per Gesetz eingehalten werden müssen und mit Fristen behaftet sind. In einem Rechtsstaat müssen nunmal gesetzliche Vorlagen eingehalten werden, das gilt auch für den Unternehmer Große. Er muss auch seine Hausaufgaben machen. Die Unterlagen, die nötig sind, um zu einem positiven Bescheid zu kommen, muss er uns auch erstmal liefern. Diese liegen bisher aber einfach nicht vor. Sobald sie vorliegen, werden wir sie zügig bearbeiten.
Der Investor sagt, er hätte erst nachdem er den Bauantrag eingereicht hat erfahren, dass das Areal behindertenrecht erschlossen werden müsste. Ist das so und wenn ja, warum?
Zeidler: Nein, das wusste er. In sämtlichen Vorgesprächen ging es auch um die Anforderungen hinsichtlich der Barrierefreiheit. Er selber hatte ja bereits Vorschläge geliefert, wie etwa einen Fahrstuhl am Turm. In der Bauverfahrensordnung steht genau drin, welche Unterlagen ein Bauherr zu erbringen hat. Selbst wenn er es selbst nicht weiß, müsste es seine Architektin wissen. Das ist ihr Beruf und nur sie als Fachfrau ist berechtigt, den Antrag gemäß den gesetzlichen Vorgaben zu stellen.
Sie sagten, das Projekt Müggelturm habe für den Bezirk eine hohe Priorität. Was bedeutet das genau?
Hölmer: Das Projekt hat ganz hohe Priorität. Wir treiben es mit Power voran. Der Müggelturm ist ein Symbol für Köpenick. Die Bedeutung, die der Turm für viel Leute hat, die hier groß geworden sind, ist gar nicht zu überschätzen. Aber wir haben Verwaltungsverfahren zu bewältigen und da nützt dann die höchste Priorität nichts, wenn im Prozess bestimmte Fristen einzuhalten sind.
Zeidler: Wir arbeiten mit großem Einsatz an dem Projekt und versuchen, wo immer es möglich ist, Sonderlösungen zu finden.
Drei Investoren haben es nicht geschafft, eines der beliebtesten Wahrzeichen des Südostens wieder aufzubauen. Der jetzige Investor behauptet, der Bezirk habe am Misslingen durchaus seinen Anteil. Was ist bisher schief gelaufen?
Hölmer: Wir reden hier von einer Liegenschaft, die mitten im Wald liegt, fernab der normalen Erschließung. Ich vermute, dass die früheren Eigentümer gar nicht geahnt haben, worauf sie sich da eingelassen haben. Wenn sich dort Leute versuchen, die weder das nötige Know-how noch das nötige Kapital haben, dann kann das nicht klappen. Da wurde auch lange an realitätsfernen Ideen festgehalten, etwa der, dort einen Hotelkomplex hinzustellen. Das halte ich für absurd.
Das, was Herr Große vorhat, nämlich eine Ausflugsgaststätte mit bodenständiger Gastronomie zu errichten, ist der Erfolg versprechendere Weg.
Herr Große spricht von Handlungsspielräumen, die der Bezirk nicht nutzen würde, um ihm die erforderlichen Genehmigungen zu erteilen. Wie viel Handlungsspielraum haben Sie wirklich? Stichwort Barrierefreiheit.
Hölmer: Wir haben natürlich die Möglichkeit bei Denkmalen den Bauherren von bestimmten Auflagen zu befreien. Ob das geht, müssen wir prüfen. Das setzt aber voraus, dass uns ein schriftlicher Antrag mit einem ganz konkreten Plan vorliegt, aus dem hervorgeht, wie der Bauherr die Barrierefreiheit gewährleisten will. Den hat Herr Große bisher nicht eingereicht. Somit fehlt uns die Grundlage, eine fundierte Entscheidung zu treffen.
Eine besonders schwierige Frage scheint zu sein, wie der barrierefreien Zugang zum Gelände ermöglicht werden kann. Dazu müsste beispielsweise auch die für die Zuwegung nötige öffentliche Fläche entwidmet und an den Investor veräußert werden.
Hölmer: Das ist alles etwas komplexer. Herr Große hat sehr eigene Vorstellungen zur Entwicklung des Areals, die über die reine Erschließung im Rahmen der Barrierefreiheit hinausgehen. Er hat uns gebeten zu prüfen, ob die Fläche vor dem Restaurant und die Straße dorthin weiterhin eine öffentliche Fläche bleiben soll oder eben nicht. Das haben wir sehr intensiv geprüft.
Mit welchem Ergebnis?
Hölmer: Wir können uns vorstellen, diese Fläche an Herrn Große zu veräußern. Denn wir brauchen dort mitten im Wald keine Straßenverkehrsfläche für Autoverkehr, sondern eine Durchwegungsfläche für Fußgänger. Diese muss entsprechend breit sein und natürlich öffentliche Fläche bleiben. Den Verkauf der für die Öffentlichkeit nicht mehr benötigten Fläche zu genehmigen ist Aufgabe der Berliner Immobilien Management GmbH (BIM). Vorher müsste diese Fläche allerdings entwidmet werden. So ein Entwidmungsverfahren wiederum muss öffentlich gemacht werden, damit die geneigte Öffentlichkeit gegebenenfalls Einspruch erheben kann. Das ist in einem demokratischen Rechtsstaat so und das ist auch richtig so. Dieses Verfahren muss man erstmal starten, das Ergebnis muss man abwarten und dann kann man verkaufen. Allerdings unter der Bedingung, dass die verkaufte Fläche an das Land Berlin zurück fällt, falls – was ich nicht glaube – der Investor in Schwierigkeiten gerät. Die Veräußerung an einen Dritten soll dadurch ausgeschlossen werden.
Wie lange würde denn das Entwidmungsverfahren dauern?
Hölmer: Etwa drei Monate. Aber danach stünde der Verkauf durch die BIM an. Das ist ein Verwaltungsverfahren, das mehrere Monate dauert und damit länger als Herr Große sich das wünscht. Da ihm aber am Erwerb dieser Verkehrsfläche gelegen ist, muss er das leider in Kauf nehmen.
Herr Große rechnet mit einer Viertelmillion Besuchern jährlich, wenn das Areal fertig gestellt ist. Halten Sie diese Zahl für realistisch?
Hölmer: Eine Viertelmillion Besucher erscheint mir auf den ersten Blick recht viel. Andererseits kann man ja einiges tun, um das Gelände auch für andere Nutzer attraktiv zu machen als nur für die Sonntags-Ausflügler. Der Ort wäre sicher ebenso für standesamtliche Trauungen und andere Veranstaltungen interessant. Da ein wirtschaftlich tragfähiges Konzept zu finden, ist nÃcht unser Job. Wie müssen nur gucken, was grundsätzlich möglich ist und ob er in der Lage ist, seine Verpflichtungen wirtschaftlich abzusichern.
Zeidler: Vermutlich rechnet er in diese Zahl die Besucher von Veranstaltungen mit ein, die ja jetzt schon auf der Fläche stattfinden. Soweit ich ihn verstanden habe, plant er das auszubauen und auch durch Verglasungen der dritten Ebene wetterunabhängige Lösungen zu finden.
Dem Bezirk stellt er 300.000 Euro jährliche steuerliche Einnahmen durch den Betrieb des Areals in Aussicht.Â
Hölmer: Die Gewerbesteuern gehen an das Land Berlin, da freut sich dann der Finanzsenator Herr Kollatz-Ahnen. Das Land Berlin gibt den Bezirken dann Zuweisungen unabhängig vom steuerlichen Aufkommen. Da geht es nach Einwohnerzahlen und Kosten-Leistungsrechnung. Auch wenn wir hier erfolgreich Gewerbe ansiedeln und Arbeitsplätze schaffen, bekommt der Bezirk vom Land das Gleiche, als wenn wir das alles nicht gemacht hätten. Wir arbeiten mit sehr viel Idealismus.
Woran könnte das Projekt scheitern?
Hölmer: Scheitern können Projekte immer, an fehlenden Durchhaltevermögen oder mangelnder Wirtschaftlichkeit. Ich bin aber überzeugt, dass das Müggeltum-Projekt funktionieren wird.
Warum glauben Sie, dass Matthias Große schafft, was andere vor ihm nicht geschafft haben? Ein derart schwieriges Objekt hat auch er nicht in seiner Referenzliste.
Hölmer: Weil er ein Macher ist. Das ist bei einem solchen Objekt ganz gut. Weil er Köpenicker ist und weiß, was dieser Ort für die Köpenicker bedeutet. Und weil er sich sehr wohl bewusst ist: Wenn er das Ding gegen die Wand fährt, braucht er sich in Köpenick nicht mehr sehen lassen. Auch wir würden natürlich in einem solchen Fall ganz schlecht dastehen. Wir haben also ein gemeinsames Interesse, das gemeinsam erfolgreich hinzukriegen. Der Müggelturm war schwierig und ist schwierig, aber wir werden uns vor der Herausforderung nicht weggucken. Bangemachern gilt da nicht, ich bin überzeugt, dass wir das gemeinsam schaffen werden!