Eigentlich war der Adlershofer auf dem Weg zur Arbeit. In der Scharnweberstraße in Friedrichshagen sah er „wie da Leute in der Krone eines Baumes rumgewerkelt haben“. Arne B. versteht - der Baum soll gefällt werden. „Dabei sah die Linde toll aus, keine Anzeichen von Krankheit. Da wurden lauter gesunde Äste abgesäbelt.“
Der Mitarbeiter des Grünflächenamtes, der die Aktion leitet, beruft sich auf ein Gutachten, wonach die Schräglage des Baumes eine Gefahr für die Öffentlichkeit darstellt. Eine Debatte, ob es denn nicht reiche, die Krone zu beschneiden, damit der Baum neu austreiben könne, folgt.
Die Amtsleitung des Grünflächenamtes wird telefonisch befragt, bleibt aber bei der Entscheidung: Der Baum soll weg. „Das kann doch nicht sein“, denkt B. und entscheidet sich spontan für zivilen Ungehorsam - er setzt sich direkt unter den Baum. Die Arbeiten werden abgebrochen und die Polizei gerufen. Nach einer Weile treffen zwei Streifenwagen ein, immer mehr Anwohner versammeln sich und diskutieren.
Da Arne B. sitzen bleibt und dem Platzverweis nicht folgt, wird er von drei Polizeibeamten hochgehoben und auf die gegenüberliegende Seite der Scharnweberstraße getragen. Widerstand leistet er nicht. „Ich bin kein Umweltaktivist. Ich bin ein Naturliebhaber aus Köpenick und sehe die Baumfällpolitik des Bezirksamtes kritisch. Da werden willkürlich gesunde Bäume gefällt.“, so B.
Mit dieser Einstellung ist er nicht allein. Schon einmal haben sich Bürger gegen die Fällung einer Kastanie in der Scharnweberstraße gewehrt. Das war 2008. Damals rückte im Zuge der Auseinandersetzungen das Ordnungsamt an. Der Streit um die Bäume mündete in einer Vereinbarung zwischen dem Bezirksamt und einem von der Anwohnerinitiative beauftragten Baumsachverständigen. Die Kastanie durfte stehen bleiben.
Die Linde, die Arne B. retten wollte, aber wurde wie geplant gefällt. Thomas Kasper, einer der Mitbegründer der Anwohnerinitiative von 2008, ist frustriert: „Die Begründung vom Bezirksamt lautet: Der Baum steht schief. Das ist richtig. Doch die Linde steht seit über 70 Jahren schief. Im Februar 1945 traf eine amerikanische Fliegerbombe das gegenüberliegende Haus. In Folge der Druckwelle kam der Baum in eine Schieflage. In dieser Schieflage wuchs die Linde weiter und überstand alle Stürme, Winter und heißen Sommer der vergangenen Jahrzehnte“.
Arne B. wartet nun jeden Tag auf die angekündigte Anzeige wegen „Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte“ inklusive Bußgeld. Doch unruhig macht ihn das nicht. „Ich bin abends mit einem sehr guten Gefühl ins Bett gegangen!“