Es war lärm, ich Stand mittendrin, es war fantastisch!

Wie Hannes Teubner zu Union kam
Der Container rechts neben der Haupttribüne diente als Büro des Greenkeepers, später als Arbeitsplatz der Stadionregie, und der Pop-Art-Künstler Andora hat auch mal drin übernachtet. Jetzt stehen dort zwei Schreibtische, aber auch ein gemütliches Sofa.

unionberlin

Foto: Stefanie Fiebrig

Um das Tipp-Kick-Spiel auf dem Regal ist eine Alte Försterei aus Papier gebastelt. Union spielt gegen Hertha, für immer. Eine Kaffeemaschine zischt und brodelt, auf der Tasse darunter steht: Maschinenraum. Die Abteilung Multimedia hat hier ihr Zuhause gefunden, Hannes Teubner seine Bestimmung.

Und was so schön nach spielen aussieht, ist eigentlich Arbeit: Das Tipp-Kick war Requisit für das Video zum Derby. „Martin aus dem Fanshop kommt manchmal vorbei, und dann gibt's auch mal eine kurze Partie. Aber Du siehst, ich liege uneinholbar vorn!“ Dann ist der Kaffee durch, und Hannes erzählt, wie ihm das mit Union passiert ist.

Aufgewachsen ist Hannes in Dresden. Sein Vater stammt aus Aue. „Er hatte diese fixe Idee, seine Sympathie für Wismut Aue an seinen Sohn zu über-geben. Ich bin durch eine relativ harte Schule gegangen, in einer Dresdner Schulklasse, in der alle einem erfolgreichen Dresdner Verein zujubelten, und du bist derjenige, der permanent gegen den Abstieg spielt.“

Fußballinteressiert sei er gewesen, sagt Hannes. Fußballfan war er nicht. Nach dem Studium ging er nach Berlin. „Ich habe in Pankow gewohnt und wäre nie auf den Gedanken gekommen, nach Köpenick zu fahren, um Fußball zu kucken.“ Dass es doch irgend-wann geklappt hat, war beinahe Zufall. „Weil nämlich Union zu mir kam, in den Jahnsportpark.“

Das Spiel gegen Haka Valkeakoski wurde sein erstes Union-Spiel. Er wollte sich die Partie zu Hause ansehen, der Fernseher lief schon, als ihm auffiel: „Das sind zwei S-Bahnstationen, da fahre ich vielleicht mal hin. Vielleicht gibt's ja noch eine Karte.“ Die Karte hat er bekommen. „Ich kann mich an das riesengroße Transparent erinnern: Wir brauchen die Alte Försterei zum Leben. Und eine Blockfahne ist über uns gewesen. Es war Lärm, ich stand mittendrin, es war fantastisch!“

Zu einem der nächsten Heimspiele ist er in die Alte Försterei gefahren. „Ich bin auf die Ge-gengerade und hab mich dort oben an diesen Platz gestellt, Höhe Mittellinie, letzte Reihe, vor die Balustrade. Wow!, dachte ich. Hier gehörst du hin. Es ist wirklich so, wie es Nick Hornby erzählt. Wie wenn man sich in eine Frau verliebt. Du kannst das nicht planen. Und dann fing die ganze kaputte Sache an, mit Dauerkarte und Vereinsmitgliedschaft.“

Wie bei vielen anderen hat das, was Hannes studiert hat, mit dem, was er heute arbeitet, nicht mehr viel zu tun. „Ich bin Diplom-Soziologe. Ich hab aber sehr schnell festgestellt, dass aus mir kein Wissenschaftler wird.“ Noch an der Uni hat er mit einem Grafiker zusammen gearbeitet, dessen Entwürfe er in Photoshop umgesetzt hat. Öffentlichkeitsarbeit und Multimedia hat er dabei gelernt. „Später war ich Produktmanager bei einer Musiksoftware-Firma und dann habe ich mich in der Multimedia-Produktion selbstständig gemacht.“

Was er anfangs bei Union nebenher gemacht hat, ist inzwischen sein Beruf. „Als 2009 der Aufstieg in die zweite Liga perfekt war und die Idee entstand, dass man Multimedia anders aufzieht, kam die Frage an mich, ob ich das übernehmen würde. Ich habe keine Sekunde gezögert.“

Fußball ist anders, seitdem. „Meine allerliebste Stimmung am Spieltag ist, wenn das Stadion vorbereitet wird und noch keiner hier drin ist. Wenn der Brezelverkäufer seinen Brezelstand aufbaut. Wenn die Jungs von den Greenkeepern anfangen, noch einmal nachzukreiden. Wenn die Rollbanden angeschlossen werden. Jeder geht seiner Arbeit nach. Es ist eigentlich noch leer. Aber du merkst, dass so eine Spannung drin liegt. Das konnte ich vorher nicht haben.“

Hannes' Stammplatz im Stadion gibt es seit dem Umbau nicht mehr. „Weil mir Eldi dort einen Pfeiler hingebaut hat. Dieser Pfeiler ist unverrückbar.“ Seit der Eröffnung der großen Tribüne arbeitet Hannes aber während des Spiels in dem Container auf der Gegengeraden. „Die Leute, die dort hinten stehen, sind immer noch die gleichen wie damals. Man kennt sich und grüßt sich noch. Der Kreis schließt sich sehr schön, weil ich jetzt wieder von dort aus Fußball kucke, wo das alles für mich angefangen hat.“


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