Im Kur- und Badeort Jalta auf der Krim beraten die alliierten Staatschefs – der Amerikaner Roosevelt, der Brite Churchill und der Generalissimus der Sowjetunion, Josef Stalin – über die Zukunft des in Trümmern liegenden Deutschen Reiches. Es werden Besatzungszonen festgelegt und Teile vom Reichsgebiet getrennt, ein Kontrollrat soll gebildet und die Aburteilung der deutschen Kriegsverbrecher vorbereitet werden. Im Mai kapituliert die Deutsche Wehrmacht. Deutschland ist besetzt, Millionen Menschen haben in diesem Krieg ihr Leben verloren.
Vom Beginn
Auf der Potsdamer Konferenz wird von Juli bis August 1945 die Nachkriegsordnung in Europa festgelegt. Berlin wird in vier Sektoren verwaltet. Die Militärgouverneure der Sieger – der USA, Großbritanniens, Frankreichs und der Sowjetunion – verwalten von Berlin aus Deutschland. Doch bald sind die Sieger sich uneins. In der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) wird 1946 eine Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) nach Vorbild der Kommunistischen Partei der Sowjetunion geschaffen. In den Zonen der Westalliierten wird 1948 eine eigene Währung eingeführt, in Bonn im Mai 1948 das Grundgesetz für eine Bundesrepublik erlassen und im Oktober in der sowjetischen Besetzungszone eine Deutsche Demokratische Republik gegründet.Zwischenzeit
Berlin soll dennoch weiterhin von den vier Siegermächten verwaltet werden. Die Sowjets verlassen aber bereits 1948 den Alliierten Kontrollrat, riegeln mit ihren Panzern die westlichen Sektoren ab und für 322 Tage müssen die Menschen der eingeschlossenen Stadt über eine Luftbrücke durch Briten und Amerikaner versorgt werden. Ab 1953 werden in Ost-Berlin die Personalausweise der DDR ausgegeben und der Ost-Berliner Magistrat übernimmt vier Jahre danach die DDR-Gesetze „über die örtlichen Organe der Staatsmacht“. Bis zur Gründung der DDR haben 800.000 die SBZ verlassen. Über die vorerst mit Stacheldraht und einer Sperrzone bewehrte innerdeutsche Grenze und mehr noch über die offenen, durch die Straßen Berlins verlaufenden Sektorengrenzen nehmen ungefähr 2,7 Millionen Menschen den Weg von Ost nach West.Die DDR verliert mit ihren Bürgern mehr als nur Arbeits- und Fachkräfte.Die Wirtschaft ist von der Massenflucht arg gebeutelt. Zudem arbeiten allein 50.000 Ost-Berliner im Westteil der Stadt. Mehr als 16 Jahre leben die Berliner mit diesem bizarren Zustand. Die Welt zwischen Ost und West befindet sich in einem Kalten Krieg. Feindlich stehen sich die ehemaligen Weltkriegsverbündeten gegenüber. Vor allem in Berlin. Ein „deutscher Friedenplan“ und „Stalin-Noten“, die ein vereintes, souveränes, demokratisches Deutschland vorschlagen, scheitern. Die SED, traumatisiert vom Aufstand der Arbeiter im Juni 1953 und immer noch angewiesen auf die militärische Präsenz der Roten Armee, sucht gemeinsam mit den Machthabern in Moskau nach Lösungen für die Probleme.
Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten
Das Politbüro der SED gibt am 15. Juni 1961 im Ost-Berliner Haus der Ministerien eine Pressekonferenz. Thema ist die Forderung der DDR zur Umwandlung der Westsektoren in eine neutrale Stadt. „Bedeutet die Bildung einer Freien Stadt Ihrer Meinung nach, dass die Staatsgrenze am Brandenburger Tor errichtet wird?“, fragt Annamarie Doherr, Korrespondentin der "Frankfurter Rundschau". Walter Ulbricht, DDR Staats- und SED-Parteichef antwortete:„Ich verstehe Ihre Frage so, dass es Menschen in Westdeutschland gibt, die wünschen, dass wir die Bauarbeiter der Hauptstadt der DDR mobilisieren, um eine Mauer aufzurichten, ja? Mir ist nicht bekannt, dass solche Absicht besteht … Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten.“
Der Mauerbau
Es ist die Nacht auf Sonntag, den 13. August 1961, 1:00 Uhr. Erst wenige Stunden zuvor werden die Führungskräfte der DDR vom Vorhaben informiert. Gedeckt von 7000 Soldaten und Hunderten Panzern der Nationalen Volksarmee wird von Tausenden Volks- und Bereitschaftspolizisten sowie Angehörigen der paramilitärischen Betriebskampfgruppen der DDR ein Kordon entlang der innerstädtischen Grenze und am Außenring um West-Berlin gezogen. Elsenstraße und Sonnenallee sind ab 3:45 abgeriegelt. Um 5:45 sind alle Straßenübergänge gesperrt. Unter Kontrollen kann an der Puschkinallee und der Rudower Straße noch passiert werden. Die S-Bahnhöfe Sonnenallee und Köllnische Heide werden abgeriegelt. An der Harzer Straße und am Heidekampgraben leuchten Tiefenstrahler in die Nacht. Bausoldaten und Bauarbeiter rücken an. Am Teltowkanal zwischen Späthbrücke und Britzer Zweigkanal wird Stacheldraht gezogen.Foto:Â ullstein bild - Rondholz
Leben im Schatten der Mauer
Die Grenzsperren zum benachbarten Neukölln und Kreuzberg werden teilweise über den Bürgersteig entlang der Wohnhäuser errichtet. Von einem Tag zum anderen sind Familien und Nachbarn getrennt, nicht mehr erreichbar. Die Eckkneipe gegenüber, wo man sich abends zu Bier und Stammtisch getroffen hat, liegt nun in einer anderen Welt. Die Verkehrswege innerhalb des Stadtteils werden unterbrochen. Treptow liegt zwar komplett im Osten, aber die weiterführenden Straßenzüge befinden sich nun teilweise im Westen. Wer im Grenzgebiet wohnt, muss auf dem Weg zur Arbeit oder nach Hause einen speziell gesicherten Grenzabschnitt passieren. In einer Räumaktion werden 250 Familien im September 1961 aus ihren Wohnungen gewiesen. Im Grenzgebiet gelegene Kleingartenkolonien werden zwangsgeräumt. Ab Mitte der 1960er Jahre wird die Grenze nach militärischen Gesichtspunkten ausgebaut. Panzersperren und Postenhäuser, Zweimannbunker und Signalzäune, Beobachtungstürme, ein Kolonnenweg und Toilettenhäuser für die Posten entstehen. 17 Kilometer innerstädtische Grenze verlaufen durch den Bezirk Treptow.Flucht
Im September 1961 rast ein LKW der Deutschen Post durch die Bouchéstraße. Er durchbricht die noch provisorischen Sperranlagen und kracht gegen eine Hauswand. Die steht jetzt im Westteil der Stadt. Den drei jungen Männern, den Insassen des LKW, gelingt die Flucht. In der Kiefholzstraße 388 graben Menschen einen Tunnel von Ost- nach West-Berlin. Der Plan wird verraten und 80 fluchtwillige DDR-Bürger werden verhaftet. Am 31. März 1983 klettern Holger Bethke und Michael Becker durch eine Dachluke aus dem Eckhaus Schmollerstraße5/Bouchéstraße 33. Mit Pfeil und Bogen schießen sie ein Drahtseil über die Grenzanlagen in den Westen und hangelten sich daran in 20 Meter Höhe über die Köpfe der ahnungslosen Grenzsoldaten von Treptow nach Neukölln. Den Wunsch nach einem Leben im Westen bezahlt Chris Gueffroy mit dem Leben. Im Mai 1989 soll der 20-Jährige zur Nationalen Volksarmee eingezogen werden. Doch er will reisen, Amerika sehen, das ist sein großer Traum. Von der DDR hat er innerlich Abschied genommen. All den Regeln, der Bevormundung, all der Enge, die der junge Turner als Leistungssportler auf der Eliteschule der Dynamo-Sportler in Hohenschönhausen kennengelernt hat, will er entfliehen. Chris Gueffroy wird von Grenzern der DDR am 5. Februar 1989Â gegen 23 Uhr am Britzer Zweigkanal, nahe den Kleingartenkolonien „Harmonie“ und „Sorgenfrei“ an der Sektorengrenze zwischen Berlin-Treptow und Berlin-Neukölln erschossen.Mauerweg
Der Berliner Mauerweg markiert den Verlauf der ehemaligen DDR-Grenzanlagen zu West-Berlin. Er führt über rund 160 Kilometer um die einstige Halbstadt herum. Entlang an Heidekampgraben und Treptower Park zum Britzer Zweigkanal und über die Rudower Höhe zum Altglienicker Landschaftspark nach Schönefeld: In den meisten Abschnitten verläuft die Rad- und Wanderroute auf dem ehemaligen Kolonnenweg, den die DDR-Grenztruppen für ihre Kontrollfahrten angelegt hatten. In regelmäßigen Abständen geben Übersichtspläne und Info-Stelen Auskünfte über die Teilung Deutschlands, den Bau und den Fall der Berliner Mauer.Video der Berliner Zeitung vom 26.01. 2017