SNÖRP

Ein Verschlucklaut macht die Bühnen unsicher
Im Erfinden von Bandnamen bin ich eine ganz große Nummer. Leider ist das Erfinden von Bandnamen im Musikbusiness eine völlig unterschätzte Kategorie und deshalb bin ich wohl trotz dieses Talentes nur der Bassist einer mäßig erfolgreichen Hobby-Band. Mir aber bedeuten Bandnamen sehr viel, besonders die provokanten und schrägen. Der Hang von Musikern, durch provozierende oder Extravagante Namen aufzufallen hat wohl stark abgenommen und so findet man heutzutage eher selten Bands mit so klingenden Namen wie Lovepump, Shrydfish oder Eisenpimmel.
Die vier Jungs der Kapelle Snörp
Foto: Stefan Mauritz
Beim letzten Laute Kirche Festival in Oberschöneweide teilte meine Band das Line Up mit fünf anderen Bands unter anderem mit einer namens SNÖRP. Häh? Da an diesem Festival der lauten Kirche nur Bands aus Oberschöneweide teilnehmen und ich ich mir einbildete, alle Bands in und um Oberschöneweide persönlich zu kennen oder als belanglos abzutun, wenn ich sie nicht kenne, da bildete der Name SNÖRP einen Knoten in der Oberflächlichkeit meiner Gedanken. SNÖRP, was soll das? Gleich denke ich an die Röck Döts, an die Pünktchen über Vokalen, mit denen Metalbands ihre Bandnamen aufpeppen, um teutonisch und böse zu wirken. SNÖRP, je öfter ich den Namen auspreche, um so mehr Gedanken mache ich mir um seine Herkunft und Bedeutung. Besonders böse und teutonisch klingt SNÖRP nicht unbedingt, also sollte ich versuchen, anderweitig Schlüsse zu ziehen. Vielleicht ist einer Bandmitglieder beim Waldspaziergang auf eine seltene Kröte getreten und ihr letzter Atemzug klang irgendwie SNÖRP? Kacke am Hacken, Bauchklatscher vom 10 Meter Brett, SNÖRP? Ein kräftiger Schluck eines Co2 haltigen Getränkes und dann SNÖRP? Egal das! Beim Soundcheck in der lauten Kirche lerne ich die 4 kennen. Die sehen aus wie eine Pagan- Deathmetal- Grungeband auf Speed und würden irgendwie gut aufs Cover der neuesten Rock Hard passen. Schnell komme ich mit den vier Jungs ins Gespräch. Sie wohnen alle ebenso wie ich in Oberschöneweide, ein Wunder, dass wir uns noch nie begegnet sind. Hätten mir im Schöneweide der 2010 Jahre eigentlich auffallen müssen, diese Brüder im Geiste. Gitarrist und Sänger haben, ebenso wie ich, Pferdeschwanz und lange Haare. Die Formalitäten wären damit geklärt. Nach einigem Fachgesimpel rocken wir gemeinsam mit den anderen Bands den Abend in der Kirche und ein jeder geht wieder seiner Wege.
Mutti wartet doch zu Hause auf Mehl und Eier, die Kartoffeln stehen auch schon auf dem Herd.

Merkwürdiger treffe ich die SNÖRPs ab diesem Tage sehr viele häufiger und meistens samstags Vormittag im Rewe- Markt beim Einkaufen, wenn wir alle etwas in Zeitnot sind, Einkaufen ist ja so ein Thema für sich. Am Eingang begegne ich dem Gitarristen Alex, ein kleiner Plausch. Am Kühlregal crashe ich in den Einkaufswagen von Sänger Basti, fünf Minuten Smalltalk sind Minimum. Da sehe ich Mauri, den Bassmann. Mutti wartet doch zu Hause auf Mehl und Eier, die Kartoffeln stehen auch schon auf dem Herd.

Ich ergreife eine andere Strategie und verstecke mich in der Abteilung für Damenhygiene, um nicht bei einem Fachgespräch unter Bassisten die Zeit völlig zu vergessen. Manchmal muss man eben handeln, bevor es zu spät ist. Auf dem Parkplatz laufe ich Heiko, dem Drummer in die Arme.

Ich gebe es auf und finde mich damit ab, dass es für mich kalte Kartoffeln geben wird und ein Kuchen ohne Mehl und Eier nicht gebacken werden kann und wird. Wir stehen zusammen und die Jungens erzählen mir von ihrem Vorhaben. Sie wollen ins Studio und eine Platte aufnehmen. In Eigenregie und einfach so, weil man das eben so macht als Rockband.

Groovender Rock mit tollem Sound

Ein halbes Jahr vergeht und ich bekomme eine Nachricht von Basti. Ihre Platte wäre fertig und SNÖRP laden zum Record Release. Sie könnten sich gut vorstellen, dass ich mit meiner Band als Support spielte. Da lasse ich mich nicht lange betteln, denn  SNÖRP sind nicht nur vier nette Typen, mit denen man auf dem Rewe-Parkplatz herrlich fachsimpeln kann, sondern hervorragende Musiker, die perfekt harmonieren und es ist mir eine Ehre, mit ihnen die Bühne zu teilen. Sie haben geschafft, was ein jeder Musiker begehren sollte. Sie halten ihre eigene Platte mit ihrer eigenen Kompositionen in der Hand. Groovender Rock mit tollem Sound, klasse Melodien, toll arrangiert und super instrumentiert mit deutschen Texten, ein Must-Have nicht nur für Plattensammler.

Snörp, die Erste ist eine 10 Inch EP mit vier geilen Tracks, gepresst auf rotes Vinyl, gepackt in ein kleines Schwarzes mit tiefem Ausschnitt. Wer nicht die Katze im Sack kaufen mag, der kann auf bandcamp.com die vier Songs streamen.

Die Scheibe ist Eigenvertrieb über facebook.com/snoerpband oder die E-Mail-Adresse sebastianwg@aol.com erhältlich oder natürlich bei Auftritten der Band. Da es sich beim Debüt der Band nur um eine geringe Auflage handelt, ist eine schnelle Kaufentscheidung sicherlich hilfreich, wenn man eines der raren Objekte sein Eigen nennen will und 15 € sind nun wahrlich Hinderungsgrund für den Erwerb eines hochwertigen Produktes, sagt man bei Aldi so. SNÖRP


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