Doch damit ist seit März dieses Jahres Schluss. Die Corona-Pandemie und die darauf folgenden Einschränkungen des öffentlichen Lebens beendeten nicht nur brüsk die Arbeit des 61-jährigen Köpenickers, sondern ließen auch Tausende Künstler und noch mehr Beschäftigte im Veranstaltungswesen ratlos und ohne Job. Auch jetzt noch, rund sechs Monate später, werden reihenweise Feste und andere Events abgesagt – weil die Infektionszahlen wieder steigen und niemand das Risiko von Ansteckungen riskieren kann und will.
Durchwursteln durch die Instanzen
Doch Michael Ehrenteit sitzt nicht trauernd zuhause. Er schmiedet Pläne, wie sein Geschäftsmodell auch in Corona-Zeiten funktionieren könnte. „Ich plane eine Kiez-Tour in den Herbstferien, die für Spaß bei Kindern und ihren Familien sorgen soll, von denen wohl die wenigsten wegfahren werden, sondern weiterhin isoliert von jeder Kultur leben.“ Die Tour soll zugleich ein Solidaritätsakt für Künstler sein, die derzeit ohne Auftritte sind. Mit einem fünfseitigen Kurzkonzept für die „Herbst-Kiez-Tour“ ist Ehrenteit seit Monaten bei Politik und Verwaltungen unterwegs. In der Senatskulturverwaltung, in Bezirksamt Treptow-Köpenick, im Kulturausschuss der Bezirksverordetenversammlung (BVV). Überall, sagt er, habe seine Idee Zustimmung gefunden. Zumindest verbal, denn:„Geld hat dafür derzeit niemand übrig.“Nur die Bürgerstiftung Treptow-Köpenick habe bislang auch finanziell geholfen – über Sponsoren seien dort bisher rund 4.000 Euro zusammengekommen. Geld braucht Ehrenteit aber – für einen gemieteten Truck, der die mobile Bühne bildet und der mit Strom, Licht und Fahrer ausgestattet ist. Und auch für Künstlerhonorare, denn: „Ehrenamtlich haben wir schon vieles gemacht in den letzten Wochen, wie etwa Auftritte vor Seniorenheimen. Aber den Künstlern geht das Geld aus, und die Hilfen vom Bund gehen bislang leider völlig am Bedarf der Betroffenen vorbei.“ Für die Anwohner soll die Kiez-Tour kostenlos sein. Eigentlich wollte der 61-Jährige sein Projekt schon in den Sommerferien starten, doch er wurde „von einer zur anderen Stelle geschickt.“ Er habe sich immer wieder durchgewurstelt durch die Instanzen, sagt er:
„Ich dachte schon, jetzt sei der Hausmeister vom Roten Rathaus für mich zuständig.“
Samba-Kids und drei Tenöre
Für die zweiwöchigen Herbstferien plant er zwei Veranstaltungen pro Werktag. Immer von 15 bis 17 Uhr sind Kinderprogramme vorgesehen, von 18 bis 20 Uhr soll es dann Balkonkonzerte für die Erwachsenen geben. Je nach Altersstruktur des Wohngebietes werde das Kinderprogramm gestaltet, mit Quiz- und Spielrunden, bei denen gleich noch etwas Wissen über Umwelt-,Sport- oder Gesundheitsthemen vermittelt werden soll. Zauberer, Artisten und Clowns sollen auftreten, auch Mitmachangeboten wie Basteln und Malen soll es geben. Für die Ferien-Tour vom 12. Bis 24. Oktober will Ehrenteit vor allem auf Künstler und Vereine aus dem Bezirk zurückgreifen. So könnten etwa die Artistenschule Contraire, der Kinderzirkus Cabuwazi oder die Trommler der Samba Kids auftreten. Und abends? „Da stelle ich mir lockere Klassik von Frank Sinatra bis Pavarotti mit den Berliner Tenören vor“, sagt Ehrenteit. Auch aktuelle Schlager und Sommerhits, etwa mit einer guten Gipsy-Coverband und Flamencotänzern, seien möglich. Etwa 40.000 Euro, so hat der Unternehmer ausgerechnet, wären insgesamt nötig für die Kiez-Tour. Das wären etwa 3.000 Euro pro Tag. Für Technik und Künstler, laut Ehrenteit ist das nicht üppig, aber:„Jeder Euro hilft den Künstlern, die derzeit gar nichts kriegen.“Sponsoren und Einzelspender können sich mit ihren Angeboten an die Bürgerstiftung Treptow-Köpenick wenden, die gemeinsam mit dem Bezirksamt als Veranstalter fungieren soll. Ehrenteit und auch die Mitglieder im Kulturausschuss der BVV hoffen auch auf Geld vom Land – immerhin hatte Kultursenator Klaus Lederer (Linke) für jeden Bezirk 100.000 Euro ausschließlich für die Kulturarbeit versprochen. Wann das Geld überwiesen wird, ist derweil ungewiss. „Als Auftrittsorte habe ich erst mal zehn Ortsteile ausgewählt, aber da kann auch gern noch was geändert werden“, sagt er. Wichtig seien ein Stromanschluss und die Zustimmung der Anwohner. Und:
„Vom Bezirksamt muss eine unbürokratische, gebührenfreie Genehmigung kommen.“Bislang sind für die Kiez-Tour folgende Ortsteile vorgesehen: Altglienicke, Johannistahl, Alt-Treptow, Alt-Köpenick, Baumschulenweg, Friedrichshagen, Grünau, Köpenick-Nord, Obeschöneweide und Adlershof .