Dem Maulbeerblatt ist jüngst eine Gruppierung aufgefallen, die sich NigeBida nennt. Der Anklang an den Namen Pegida und deren regionale Ableger (Legida, Bärgida, Dügida und wie sie alle heißen) erweckte unser Misstrauen. Seit Weihnachten ziehen die Teilnehmer dieser wenig bekannten Spaßguerilla eine ähnliche Show wie die Islamophoben ab, wenn auch mit bierernstem Hintergrund. Also haben wir uns entschlossen, beide Bewegungen einem Faktencheck zu unterziehen. Damit Sie, wenn Sie mit Ihrer Situation unzufrieden sind, mit der Politik, dem Alltag und der Arbeitslosigkeit, damit Sie wissen, wem Sie hinterherlaufen sollen. Damit Sie, wenn Sie Ihre einst hoch gesteckten Lebensziele nicht erreichen konnten, wissen, wo Sie Ihren Frust abladen. Wir halten die beiden Protestbewegungen nebeneinander, untersuchen und vergleichen vier Gemeinsamkeiten und zimmern Ihnen aus unseren subjektiven Schlussfolgerungen ein objektives Bild.
Der Name: Unser Misstrauen bezüglich des Namens war völlig unbegründet. Wir können Entwarnung geben! NigeBida: Das sind die Guten! Die Abkürzung steht für „Nie genug Bier da“! Diese vier Worte von der geradezu philosophischen Tiefe eines Bierglases beinhalten eine ewige Wahrheit. Die sucht man bei Pegida (Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes) vergeblich, das fängt schon beim Patriotismus der Europäer an. Nun hat die Bezeichnung Pegida, das muss auch mal gesagt werden, einen durchaus satirischen Wert – aber leider meinen die Islamhasser das ernst. Der erste Punkt geht damit klar an NigeBida.
Aktivität: Pegida marschiert jeden Montagabend mit durchschnittlich 48-jährigen und überwiegend männlichen Teilnehmern durch die Dresdener Innenstadt. Sie sind gegen islamischen Terror, rufen: „Wir sind das Volk!“, als wären sie die Protestler von einst, und beschimpfen an den restlichen Tagen die wenigen dunkelhäutigen Menschen in Dresden, egal, ob sie aus Brasilien, Südafrika oder Italien kommen. NigeBida wird auch immer montagabends aktiv, erklärtermaßen so lange, bis Pegida aufhört zu existieren. Die im Durchschnitt 30 Jahre alte Spaßguerilla trifft sich auf dem Rathenauplatz in Oberschöneweide zum Biertrinken gegen den populistischen Verfolgungswahn und skandiert: „Bier sind das Volk!“ Die Kampftrinkstärke liegt zwischen 13 und 53 Teilnehmern. Gleiche Zeit, zum Verwechseln ähnlicher Schlachtruf, da könnte man ein Unentschieden geben. Aber vergessen wir nicht: So wie man in den Wald hineinrülpst, so röhrt es zurück. Während Pegida Polizeipräsenz und Gegendemonstranten auf den Plan ruft, sind die friedlichen Biertrinker von Anfeindungen bisher verschont geblieben. Der zweite Punkt geht klar an NigeBida.
Standpunkt: NigeBida hat sich in feuchtfröhlicher Gemeinschaftskreativität via Facebook ein „TresenpaBier“ erarbeitet. Die delirierenden Mitsäufer konnten sich auf folgende Forderungen einigen: Stoppt Bierversuche, keine Bierquälerei. Ich bin ein Bierliner. Außerdem haben sie sich als begeisterte Anhänger der Massenbierhaltung geoutet, befürworten also das Aufbewahren von Hunderten von Bierflaschen im Kühlschrank. Pegida hingegen ist für die Aufnahme von Kriegsflüchtlingen und politisch oder religiös Verfolgten, verlangt aber mehr Geld, um Abschiebeverfahren zu beschleunigen. Man fordert mehr Polizeipräsenz und kämpft für die sexuelle Selbstbestimmung. Da beide Papiere gleichermaßen hirnlos sind, könnte man ja diesmal ein Unentschieden geben. Machen wir aber aus Prinzip nicht. Auch der dritte Punkt geht an NigeBida!
Anführer: Pegida hat einen Anführer, der schon einmal abgeführt wurde und sich gerne aufführt, als sei er der Führer: Lutz Bachmann. Dass er trotz seines kriminellen Hintergrunds sein Comeback feiert, unterscheidet ihn kaum von den Politikern gleichen Kalibers, von denen er sich so gerne distanziert. Dagegen gibt es mit Marco und Marek zwei Begründer der Biertrinker-Gemeinschaft, die sich aber dezent im Hintergrund halten. Obwohl das Gerücht geht, dass sich Marco für die Partei DIE PARTEI als Bürgermeisterkandidat von Treptow- Köpenick aufstellen lassen will. Aber klar: Führer brauchen wir nicht mehr, Bürgermeister immer wieder. Auch dieser vierte Punkt geht an NigeBida.
Deutlicher geht’s ja gar nicht! Kein Wunder, wir sind parteiisch gewesen. Haben uns – wie nach diesem erkenntnisreichen Check ja wohl auch Sie – für das Mitsäufertum statt für das Mitläufertum entscheiden. Bier wirkt völkerverständigend. Bier hat das Potenzial zur Geselligkeit, Bier ist Politik! Weiß ja jeder, der schon mal zwei bis neun Literchen intus hatte. Prost und bis Montag auf dem Rathenauplatz in Oberschöneweide.
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