Das überzeugende Schauspiel des ECHO 2018

Same procedure as every year - for the trophy?
Mimimi, nicht politisch korrekt. Mimimi, wer hat denn diese Jury gekauft? Mimimi, das ist ja alles Playback. Alle sind am Meckern. Dabei hat die ECHO-Preisverleihung sich doch wieder selbst übertroffen. Denn das Einzige, was man vom ECHO noch erwarten kann, ist doch eines: Nicht die talentierten Gewinner. Oder die reibungslose Show. Oder gar die Musik - ha, das wäre schon weit hergeholt. Nein, es geht um das Drumherum - es ist das Drama!

Unter den Gewinnern dieses Jahr: Ed Sheeran, Ed Sheeran, Helene Fischer, Ed Sheeran, …

Nicht sehr spannendes Material in diese Richtung. Alle nominiert in der Kategorie: Hauptsache erfolgreich. Denn dass sie sich gut verkauft haben, muss man ihnen lassen. Deshalb wird uns Deutschen wohl vorgeworfen, dass wir keinen Musikgeschmack haben. Mag sein. Bei den gestrigen Gewinnern der Hip-Hop-Kategorie lässt sich doch aber eher mangelnder politischer Geschmack vermuten. So kann Campino wie immer einen Zettel voll punkige Kritik austeilen. Vergangenes Jahr gegen Jan Böhmermann, dieses Jahr gegen Kollegah und Farid Bang, die Battle Rapper. Letztere haben es mehr als verdient. Denn wie die für ihre brutal nicht gut aussehende Textzeile
"Mein Körper definierter als von Auschwitz-Insassen"
auch nur nominiert werden konnten, ist höchst fragwürdig. Logisch erscheint mir das Durchsetzen der politischen Korrektheit nicht. Sexistische Worte? Müssen weg! Sexistische Bilder? Müssen weg! Antisemitische Textzeilen? Das ist Kunst! Geben wir ihnen dafür einen Preis. Die ECHO-Verantwortlichen haben sich dafür noch schnell vom Ethikrat versichern lassen, dass das schon so geht, und Schnulzen-Helene, die für ihr Kostüm den Aktenschredder ihres Managers plündern musste, hat dazu auch nichts zu sagen.

Das sorgt natürlich für Aufruhr - sollte es auch.

Und wo wird solch Drama ausgetragen? Richtig, hinter Monitoren. In asozialen Medien. Zum Beispiel auf Instagram, wo Kollegah seinen Metallbogen gleich präsentiert. In den Kommentaren wird er als "Schande für Deutschland" bezeichnet. Zugegeben, die Bildbetitelung "Nur tote Fische schwimmen mit dem Strom" klingt weder in Hinblick auf die Auschwitz-Debatte noch für die Musikindustrie nach einer glücklichen Formulierung. Unterhaltsam der Kerl. Dabei bedeutet dieser Erfolg doch, dass seine Fanfische mit dem größten Strom mitschwimmen. Aber bestimmt ist das alles gewollte Satire und Provokation. In Sachen mangelnde Authentizität der Pop-Industrie gibt es der Parodie "Menschen Leben Tanzen Welt" wohl nichts hinzuzufügen. Da brauchen wir also nicht weiter über musikalisch wie inhaltlich langweilige, substanzlose Charts-Hits jammern. Jan Böhmermann und seine Schimpansen haben alles gesagt und besungen. Der ECHO 2018 ist nun also groß in den Medien wegen eines Wortgefechts auf der Bühne und nun wochenlangen Rumkritisierens an den Jury-Entscheidungen. War die Jury ein Fehlkauf?
Bildquellen: Instagram und Gif by tenor
 

Lebensräume, Zeitreisen

Schöneweide erzählt!

Im Schaufenster der Wilhelminenhofstraße 42B tut sich Ungewöhnliches: Ein Monitor zeigt Menschen, die von ihrer Arbeit in einem der ehemaligen...

maulbeerblatt ausgabe 16 Aktuell, Editorial

Mal was ganz anderes: Das Maulbeerblatt

Nach dem Erwachen stellt der Autor dieser Zeilen fest, dass er alles nur geträumt hat: Er ist gar nicht stellvertretender...

Shorts

5.10., 4. Schöneweider Herbstlese, Jutta Voigt liest aus „Stierblutjahre“

Foto: Milena Schlösser / Aufbau Verlag Ein Meisterwerk der brillanten Feuilletonistin Jutta Voigt: Klug und unterhaltsam erzählt sie von der Sehnsucht...