Meine Mutter hatte beispielsweise gute Beziehungen zum örtlichen Wollhandel und deshalb lief ich irgendwann in einem Bayern München-Trikot herum – aus Wolle! Sicherlich ein einzigartiges Stück Textilgeschichte. Draußen zum Fußballspielen war das Teil jedoch nicht geeignet, nach wenigen Minuten auf dem Bolzplatz juckte und brannte die Naturfaser auf der Haut und ich sah am Körper aus wie Jürgen Prochnow im Gesicht.
Nach der Wende hatten wir unsere verhasste Einheitskleidung abgelegt und uns stattdessen Outfits zugelegt, die so schrill und poppig waren, dass man uns Ossis gerüchteweise sogar auf Satellitenfotos aus dem All erkennen konnte. Es schien, als würden wir versuchen, mit nur einem einzigen bonbonfarbenen Outfit den ganzen textilen Mangel der letzten 40 Jahre sozialistischer Mode abstreifen zu wollen.
Doch ein gewisser Mangel in der Versorgung und beim Angebot fördern eindeutig die Kreativität und die Experimentierlust der Verbraucher. Heute diktiert kein Parteiapparat mehr, wie unsere Kleidung auszusehen hat, aktuell übernimmt das die Werbung und der Grundsatz: Geiz ist geil! Schaue ich heute in die Fußgängerzone, kann ich in Klamottenfragen genauso wenig Individualität erkennen wie damals in der DDR.
Wartet nur ab, in ein paar Jahren ist man als stolzer Besitzer einer Dederon-Kittelschürze aus dem VEB Chemiefaserkombinat auch modisch wieder ganz vorne mit dabei!
Die Ost-Poetryslamer sind wieder im wilden Osten im Kino Union unterwegs:
21.9. und 14.12. Ostberlin Comedy Slam
8.10. Die Ultimative Ossilesung
11.11. Ostberlin Poetry Slam