Was reizt einen Violinisten daran, ausgerechnet ein Programm über Niccolò Paganini zu machen? Für jemanden, der wie Florian Mayer Geige studiert hat, sei Paganini ein Meilenstein und stehe für höchste technische Ansprüche. Paganini hatte zu seiner Zeit mit einer Kunstfertigkeit gespielt, die bis dato niemand beherrschte. Das war für das Publikum schwer fassbar und den Leuten unheimlich, daher auch der Name „Teufelsgeiger“.
Je länger ihn jedoch das Werk Paganinis begleitete, desto mehr wollte er herausfinden, was der Mensch Paganini damals wirklich gewollt hat. Schließlich sei er ja so etwas wie der erste Popstar der Musik gewesen (Nein, wir denken jetzt nicht an David Garrett). „Als Student bedeutete Paganini für mich vor allem eine sportliche Herausforderung, die technischen Ansprüche zu meistern, die Virtuosität zu beherrschen.“ Mit der Zeit interessierte ihn jedoch auch immer mehr die Frage, was es heißt, sich mit all seinen Nebenwirkungen und Konsequenzen zu vermarkten. Der Widerspruch, der entsteht, sobald man ein bestimmtes Image für Öffentlichkeit und Publikum von sich geschaffen hat, ohne gleichzeitig in einer Schublade feststecken zu wollen.
"Grenzgänger zwischen Stil und Genres"Schubladen aber sind genau die, in die Florian Mayer nicht gesteckt werden möchte. Dazu ist er viel zu neugierig. Die hierzulande immer noch gerne gezogenen Gräben zwischen E- und U-Musik fordern ihn sogar heraus: Ob Swing, Hip-Hop, Jazz, Weltmusik oder freie Improvisation, Florian Mayer fiedelt gerne auf vielen Hochzeiten. Dabei reizen ihn besonders das Unkonventionelle und Unbekannte, aber vor allem will er sich die Freiheit nehmen, Musik zu machen, die bezaubert. Mit 13 Jahren wurde Florian Mayer in die Spezialschule der Hochschule für Musik „Carl Maria von Weber“ Dresden aufgenommen, um schließlich bis zur Meisterklasse an der Dresdner Musikhochschule zu studieren. Vor diesem Hintergrund liegt es nahe, dass der klassische Vortrag die Grundlage bildet. Was ihn aber überhaupt nicht davon abhält, mit der Violine einen rappenden Sido zu begleiten oder als Mitglied der Dresdner Sinfoniker gemeinsam ein Projekt mit den Pet Shop Boys auf die Bühne zu bringen. Aber hat er nicht vielleicht doch insgeheim ein Lieblingsgenre, in dem er sich besonders zu Hause fühlt? „Nein. Der Ursprung ist meine Geige. Was immer ich mit der Geige machen kann, interessiert mich.“ Zurück zum Popstar des 19. Jahrhunderts. Inzwischen sind ja ein paar Jahre ins Land gegangen: Ist Niccolò Paganini heute überhaupt noch zeitgemäß? Und jetzt müssen wir doch kurz über David Garrett sprechen. Das Positive an David Garrett sei ja, dass er das Violinspiel wieder populär gemacht habe. Das hatte Paganini damals auch geschafft und dabei musikalische Höchstansprüche formuliert. Und in diesem Anspruch treffen sich die beiden Solo-Violinisten von damals und heute wieder. So wie sie sich auch in dem ständigen Widerspruch zwischen dem Getriebensein, auf der Suche nach Neuem und Anerkennung und der Sehnsucht nach Ruhe wiederfinden. Genau das möchte Florian Mayer seinem Publikum näherbringen. Die Besucherinnen und Besucher erwartet kein klassisches Konzert. Florian Mayer erzählt Geschichten von „seinem“ Paganini, während er virtuos seine Stücke interpretiert und inszeniert. Und dabei erzählt er auch ein bisschen über sich selbst, über das, was ihn antreibt. Das sind das Leben und die Leidenschaft, Dinge zu tun, zu denen man sich berufen fühlt: emphatisch-emphatisch und leidenschaftlich für sich, für die Kompositionen und natürlich für das Publikum.
6. August 2017, 11:30 – 13 Uhr, Florian Maye „Mein Paganini“Â Schliwas Weinkulturhaus, Alt-Köpenick 12, 12555 Berlin
Die noch junge Veranstaltungsreihe „Après Church“ des KunstHofKöpenick e.V. lädt ihre Gäste ein, bei einem Glas Wein und frisch zubereiteten Speisen Kunst und Kultur zu genießen. Der Eintritt ist frei. Über einen Kulturbeitrag nach Gefallen freuen sich Künstler und Verein.
www.kunsthofkoepenick.de | www.flomay.de