The Good, the Bad and the Maulbeerblatt. II

Der große Kiezmagazin-Contest. Part Two
Kann das Maulbeerblatt bestehen? Andreas Hartung macht es sich auch im zweiten Teil des großen Kiezmagazin-Contest nicht leicht. Immerhin treten die Angstgegner Zitty und Exberliner mit an.

Weddinger Kiezspaziergang mit und ohne Rollator

Im Wedding um den Gesundbrunnen erscheint in gemütlichen Dreimonatsabständen „Der Soldiner“. Jede Ausgabe steht unter einem anderen Thema ist auf der Webseite zu lesen. Wenn das stimmt, scheint das aktuelle Thema „Kennenlernen“ zu lauten. Das trifft sich gut. Der Soldiner erfreut sich eines amtlichen Formats und ist in Vollfarbe. Inhaltlich macht der Leser lokalen Kiezspaziergang. Es geht um die Schließung eines Kinderclubs (mit Hausaufgabenhilfe), um Hilfe für syrische Flüchtlinge des Netzwerkes „Wedding hilft“ und was so generell für Menschen in dem Viertel wohnen. Auf die Rückseite haben sich noch zwei Bastel- und Kochtipps gerettet. Kulturtipps scheint der Wedding nicht zu brauchen.

Dafür kommt „Der Soldiner“ komplett ohne Werbung aus, da er noch bis Ende des Jahres vom Bezirksamt gefördert wird. Für eine Förderfortsetzung drücke ich gern die Daumen. Aber aus der Ferne. Etwas mehr lokaler Glanz, Schmutz und Feuerwerk dürfen es für mich schon sein. All dieses hatte sich mal das ambitionierte Magazin „Der Wedding“ auf die Fahnen geschrieben. Zwar wies auch diese Publikation einen eklatanten Mangel an Illustrationen auf, aber man ließ nichts unversucht, dem verruchten Image des Weddings eine stylische Krone aus einer geleerten Bierträgerverpackung aufzusetzen. Leider ist die letzte Ausgabe bereits einige Jahre her. Man munkelt, der Herausgeber hätte sich in der Südsee zur Ruhe gesetzt und lasse sich alle drei Monate den „Soldiner“ schicken.
Soldiner: alle drei Monate /// 2000 Exemplare Der Wedding: erscheint noch?


Wilma versucht den Schnurrbart loszuwerden

Spandau? Nee. Das ist doch Quatsch! Was soll ich in Spandau?! Wo liegt das überhaupt? (Wir erinnern uns: Der Berliner verlässt niemals bis selten seinen Bezirk.) In Spandau gibt es die Wilhelmstadt. Klingt, als würde einem dort nach dem Einzug sofort ein Schnurrbart wachsen (auch den Frauen), man bekommt einen Hexenschuss, der nie wieder weggeht, worauf man den ganzen Tag aus dem Fenster schauen und spielende Kinder anschreien muss.

Vermutlich um bessere Stimmung zu machen, gibt hier das Bezirksamt das Kiezmagazin gleich selbst heraus. Es heißt „Wilma“. Den Namen finde ich prima. Da merkt man gleich: Hier will man peppig sein und den alten Schnurrbartmief hinaus journalistieren. Dummerweises sieht die aktuelle „Wilma“ wie das offizielle Nachrichtenblatt der BSR aus. Und überhaupt. Ist das noch eine Kiezzeitung? Oder eher ein offizielles Bezirksblatt? Kurzer Inhaltscheck: „Neuordnung der Toilettenfrage“ auf Seite 8. Spandau? Och nee! In der Spandauer Neustadt gibt es noch „Die Neustadt“. Aber das ist nur ein Faltblatt und langsam stelle ich mir die Frage, ob ich nicht in zu kleinem Maßstab denke.
Wilma: zweimonatlich /// ???? Exemplare Die Neustadt:  zweimonatlich /// 2500 Exemplare


Exzitty

Die Zitty war früher ein vierzehntägiges Berliner Stadtmagazin. Es hatte zwei Vorteile: Einen vollen Terminkalender mit Cartoons und lustigen TV-Tipps und den Didi & Stulle Comic. Dann kam das Internet und das mit dem Terminkalender hatte sich auf einmal erledigt. Ganz dünn ist sie geworden. Kaum zu sehen zwischen den vielen anderen Magazine. Und Didi & Stulle sehen heute auch ganz anders aus. Gar nicht mehr wie die lustigen Schweine von einst. Etwas peinlich zärtlich berührt hält man sie in den Händen, bevor man sie zurück ins Regal stellt. Ganz vorsichtig. Damit sie nicht durchrutscht. Vermutlich kann man sie nächstes Jahr gar nicht mehr sehen.

Also weg mit der Nostalgie und her mit der neuen Nostalgie. (Nur weil wir aus Friedrichshagen kommen, heißt das nicht, dass wir nicht wissen, woher der Wind weht. Im Zweifelsfall immer vom Müggelsee). Der Exberliner ist ein Berlin-Magazin in … ähm english. The name is, because it is made for people who have left Berlin, but want all to know about her hometown. Nobody knows why they sell it in berlin too. It make no sense but all the english speaking people in berlin are happy, because they don’t have to learn german. But I can no English and so werfe ich den Exberliner weg. Ich wollte ja Ex-Friedrichshagener werden und nicht Exberliner.
Zitty: wöchentlich /// 21.466 Exemplare Exberliner: monatlich /// 20.000 Exemplare
 
Epilog
Enttäuscht schaukle ich mit meinem Schaukelstuhl einmal vor und zurück. Aber nichts passiert. Klar, ich habe ihn ja einbetoniert. Ich haue mir gegen die Stirn (aber nur so stark, dass es gerade nicht weh tut): Ich kann hier nicht weg. Mein Schaukelstuhl ist einbetoniert. Erleichtert lasse ich mich zurückfallen. (Der Stuhl bewegt sich kein bisschen). Dann halt noch mal 100 Ausgaben Maulbeerblatt. Ist nicht das Schlechteste. Ich zünde mir meine Pfeife an. Ein warmer Wind weht vom Müggelsee.

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