Wind kommt auf im Müggelland

Von denen die auszogen, das Direktmandat zu erringen.
Aus dem Sagenschatz des Wahlkreises 84. Teil. 4 – Der Zugezogene.
Collage MArtin Trefzer und Gregor Gysi
Fotocollage: Andreas Hartung

Es war einmal ein Ort, der hieß Breisgau. Er lag in einem kleinen Land namens Baden-Württemberg. Dort war es schön und die Leute waren zufrieden. Aber dort lebte auch ein Mann namens Martin Trefzer. Er sagte; „So schön ist es hier nun auch wieder nicht. Es hat recht wenig Müggelberge und mit dem Bau des Breisgauer Müggelturmes wurde noch gar nicht begonnen. Hier habe ich und meine Familie keine Zukunft.“ Gesagt, getan, schnürte er sein kleines Päckchen und ging, sein Glück an einem anderen Ort als der Heimat zu suchen. Über die Südafrika-Route landete er schließlich in Berlin-Köpenick.

„Hat ein Herz für Flüchtlinge und engagiert sich deswegen als stellvertretender Vorsitzender in der Sudetendeutschen Gesellschaft e.V.“

„Hier will ich bleiben“, rief er. „Die Müggelberge sind gut entwickelt und der Bau des  Müggelturmes scheint mir gut voranzugehen.“ Mit dem Willen zur totalen Integration erwarb er das Herz einer Eingeborenen, versuchte Sympathien für den örtlichen Fußball-Zweitligisten zu entwickeln und schlug letztendlich Wurzeln. Von den Einheimischen - aufgrund seiner teilweise obskuren Breisgauer Bräuche – erst misstrauisch beäugt, wurde er schon bald an den Grillständen seiner neuen Heimat akzeptiert.

„Weiß, dass Sprache wichtig ist. Deswegen versucht die Berliner AfD ihre zu mäßigen. So sagte er, dass das Wort Lügenmedien kein Wort für das Wahlprogramm ist, sondern nur fürs Wahlplakat. Am nächsten Tag hatte er es sich überlegt, rief noch mal den Journalisten an und stellte richtig: Für ein Wahlplakat wäre das eigentlich auch kein guter Begriff.“

Und so hätte er zufrieden sein können. Als er eines Abends jedoch Pfeife schmauchend am heimischen Gartenzaun stand und sich in seiner Brille sanft die Abendsonne spiegelte, dachte er wiederum: „Wahrlich ein schönes Plätzchen Erde, dieses Müggelland, aber der rote Riese nimmt mir die Sicht. Er ist keiner von uns.“

Und auf einmal fühlte Trefzer, wie ein kalter Lufthauch seinen rechten Nasenflügel streifte. Das Müggelland war bedroht. Er konnte es fühlen. Dunkle, fremd riechende Schatten lauerten seit einiger Zeit allerorten. Und die rote Gefahr! Niemand sprach mehr von der roten Gefahr. Stattdessen wurde sie sogar mit Steuergeldern gefördert. (Mit seinen Steuergeldern!)

Er rieb sich die Schläfe. Die Dinge waren durcheinander gekommen. Er wusste nicht, ob es besser wäre, wenn die Fremden in den Schatten sich integrieren und einheimische Frauen heiraten würden, wie er selbst oder wenn sie bleiben würden wie sie sind oder …

Vielleicht wäre es das Beste, wenn sie einfach alle wieder gehen würden und der rote Riese gleich mit ihnen und alles wäre wie früher …  Da gab es auch noch keinen Klimawandel. Oder diese ekligen roten Nacktschnecken überall. (Schon wieder rot!) Da muss man doch was tun. Entschlossen drehte er sich um. Das musste er mit seinem Nachbarn dem Schmiedezwerg besprechen.

„Weiß, dass er einer der besten Leute der Berliner AfD ist.“

Am nächsten Tag gründete er mit anderen Besorgten die Berliner AfD. Und er ist sich sicher: Schon bald ist der rote Riese Geschichte.


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