Der Elcknerplatz wird endlich „schön“!

Traditionell ist der Bahnhofsvorplatz einer der wunden Punkte in der modernen Stadtlandschaft unserer Republik.
Erstveröffentlichung am 12.07.2010
Leere, verödete Areale auf denen Obdachlose und betrunkene Jugendliche ihren jeweiligen Tätigkeiten nachgehen, flankiert von heruntergekommenen Imbissbuden und den riesigen, verspiegelten Fassaden der Einkaufszentren und Kaufhäuser.

Elcknerplatz mit Blick auf den Bahnhof Köpenick

Warum sollte Köpenick da eine Ausnahme darstellen? Zu lange schon wartet der Bezirk auf den nächsten Akt seiner architektonischen Verschandelung, zu lange schon wartet er darauf, dass aus Dönerbuden Hamburgerläden, aus Marktständen Billigläden und aus Passanten, die eilig und geduckt durch den Regen hetzen, bummelnde, Eis schleckende Konsumenten werden.

Aber der Tag der Erlösung scheint nahe. Mit der Umwandlung des Köpenicker Bahnhofs zum Regionalknotenpunkt ist die Stadterneuerung nun auch am Elcknerplatz angekommen. Bereits 1992 wollte Karstadt eigentlich auf dem Grundstück Elcknerplatz/Bahnhofstraße ein neues Kaufhaus errichten. Daraus wurde nichts, der Konzern zog sich 1996 zurück und der Platz gammelte weiter ungestört vor sich hin.

2001 dann startete der zweite Anlauf mit einem neuen Investor. Die „Hamburger Gesellschaft für Gewerbe und Wohnungsbau“ (GGW) hatte viel vor mit dem Platz. Ein viergeschossiger Neubau mit massiver Glasfassade sollte auf dem Grundstück zwischen Bahnhofstraße, Elcknerplatz und Borgmannstraße bis Ende 2002 entstehen.

Um der sehr berechtigten Angst vor dem totalen Konsum-Kollaps in Köpenick zu begegnen, wurde damals ein Konzept vorgestellt, welches unter dem Begriff der „Ergänzung“ der ja bereits üppigen Einkaufsangebote vor Ort firmierte. Bis hin zu einem Wellnessbereich und nicht näher spezifizierten „Freizeitangeboten“ reichte die damalige Palette der Ergänzungen.

Die Umsetzung verlief im Sande der Zeit und der Berliner Bürokratie. Nun soll ein dritter Anlauf die finale Umsetzung bringen. Im Zuge des beschlossenen Ausbaus des Bahnhofs Köpenick zum Regionalbahnhof konnte jetzt ein weiterer Hamburger Investor gefunden werden und unter leicht überarbeiteten Vorzeichen sollen bereits in diesem Jahr die Abrissarbeiten beginnen, welche den Elcknerplatz seinem neuen Schicksal aus Glas und Beton zuführen werden.

Nicht dass man dem Platz in seiner heutigen Form hinterher weinen müsste - zu lange hat der Bezirk den Ort sich selbst überlassen, so dass genug Zeit war für Verfall und Tristesse, um dem Ort sein trauriges Aussehen dieser Tage zu geben. Aber wirft man nur einen Blick auf den Entwurf des 2001 beauftragten Köpenicker Architekturbüros, welcher in leicht abgewandelter Form auch dem neuen Bauvorhaben zugrunde liegt, schimmerten auch hier wieder die gewohnten Pannen in der Gestaltung des öffentlichen Raumes durch, die inzwischen zur Regel geworden sind.

 

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Viel Glas und Beton, alles schön eckig und kantig in unauffällig-öder Farbgebung. Wo hat man solch langweilige Architektur bloß schon mal gesehen? Aber ja, hier und da und überall, wo sich eine klamme Kommune und ein ideenloser Investor zusammenfinden, um ein weiteres überflüssiges Büro- oder Geschäftshaus oder eben Einkaufszentrum auch noch in die letzte Lücke zu quetschen.

Die Bahnhofsvorplätze deutscher Städte sind für dieses Phänomen traditionell ja besonders anfällig. Dabei spielt es keine Rolle welche Größe, regionale Besonderheit oder kulturelle Bedeutung die jeweilige Stadt oder der Platz aufweist, wo gerade wieder so ein Ding gebaut wird, denn gebaut wird prinzipiell überall, am liebsten in unmittelbarer Nachbarschaft zu historischen Baudenkmälern oder kulturell bedeutenden Orten.

Hauptsache die Verkehrsanbindung stimmt! Ermöglicht durch die zwar dringend notwendige aber letztendlich wieder viel zu überhastet umgesetzte Neustrukturierung des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs, wird Köpenick ein Regionalbahnanschluss beschert, der viel Gutes will und viel Schlechtes bringt.

So scheint es nur noch eine Frage von Monaten, bis sich auch der Bahnhofsvorplatz von Köpenick in die grau glänzende Waschbetonfront der gesamtdeutschen Bahnhofslandschaft einreiht.

So sieht also die Zukunft aus. Ein Land aus Einkaufszentren und Regionalbahnhöfen, grau im Regen, grell glänzend im Sonnenschein, gesichtslos und austauschbar, eine stumme Masse aus Stein und Glas und Ladenfronten, in deren Schaufenstern still die übrig gebliebenen Devotionalien der letzten Fußballweltmeisterschaft verstauben.


Foto: S-Bahnhof Berlin-Köpenick, Elcknerplatz (1964) Archiv: Ingrid Andriessen-Beck, René Frost, www.koepenick.net


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