Jubiläum ohne Seebrücke

Die Bezirksamtpläne für den Frauentog
Der Frühling naht, es ist nicht zu übersehen: Im Köpenicker Schlosspark blühen die ersten Blumen, an den Zweigen grünt es, und schaut man hinauf auf Dahme und Spree, dann sieht man auch schon wieder Schiffe und Boote an der Altstadt vorbeigleiten. Warum vorbeigleiten? Ganz einfach: Weil sie hier nicht anlegen können.
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Collage: Eric Kläffling

Bis vor wenigen Jahren gab es einen vom Tourismusverein gemieteten Steg, der zu Saisonbeginn am Frauentog, der Bucht zwischen Kietz und Schlossinsel, auf- und im Herbst wieder abgebaut wurde. Etwa 15 Meter lang, bot er Platz für sechs Boote, die hier warten konnten, bis ihre Insassen von ihrem Ausflug ins Schloss und die Altstadt zurückgekehrt waren. Doch dieser Steg musste weichen – und zwar einem Großprojekt, der „Seebrücke von Köpenick“, wie sie sich die vormaligen Stadtväter erträumten: Ein vier Meter breiter und 186 Meter langer Schwimmsteg, der durch den gesamten Frauentog bis zur Dahme reichen sollte. Es winkten fette EU-Fördermittel für die „wassertouristische Entwicklung“ Köpenicks: fast eine Dreiviertelmillion Euro – die vom Senat auch bewilligt wurden.

Es gab mehrere dieser Großvorhaben in Berlin, die jedoch alle wegen „Nichtverträglichkeit“ abgelehnt wurden. Nicht so in Köpenick, denn hier trieb das Bezirksamt selbst – bzw. diejenigen, die hier zu dieser Zeit das Sagen hatten – das Projekt voran.

„Think big!“ war wohl die Devise der Herren Schmitz und Ulbricht. Kritiker des Vorhabens nennen es schlicht: Größenwahn.

Doch die Idee des Bezirksamts fand Rückhalt beim Senat, der kurzerhand einem Mitarbeiter, der sein Einverständnis zur Köpenicker „Seebrücke“ nicht erteilen wollte, den Fall entzog. Gegen die Bedenken von Denkmalbehörde und Naturschützern wurde der Plan durchgedrückt. Damit noch nicht genug: Um ein zum Steg gehöriges Mehrzweckgebäude mit Sanitäranlagen, Duschen, Müllstation und kleinem Bistro errichten zu können, wurde das Areal zwischen Frauentog und Müggelheimer Damm, das bis dato Grünfläche war, kurzerhand umgewidmet. 2006 begann das Bezirksamt mit dem Bau des Pavillons, der Steg sollte bald darauf folgen.

Doch hier machten die Anwohner und Fischer vom Kiez den Stadtvätern einen Strich durch die Rechnung: Sie klagten gegen einen Steg in diesen enormen Ausmaßen. Normalerweise hat so eine Klage aufschiebende Wirkung, d. h. es darf bis zur gerichtlichen Entscheidung nicht gebaut werden. Dagegen wiederum aber klagte das Bezirksamt und erhielt in einem Eilverfahren Recht. Nun hätte es auch vor dem Spruch des Gerichts weiterbauen dürfen. Nur: Dieses eilige Verfahren hatte sich doch auch immerhin über ein Jahr hingezogen und da Fördermittel meist an einen bestimmten Zeitraum gebunden sind, waren die genehmigten Mittel inzwischen verfallen. Nun fehlte den Befürwortern ihr Hauptargument.

Nur der Pavillon, der stand nun schon. Und ein Betreiber für Steg und Gebäude war ebenfalls schon aus mehreren Interessenten ausgewählt, und man hatte sich sogar bereits bis 2022 (!) vertraglich an ihn gebunden. Aber was nutzt ein Stegbetreiber- Gebäude ohne Steg? Richtig: Nichts. Um es nicht gar zu peinlich aussehen zu lassen, sollte nun ein Gastronomiebetrieb errichtet werden. Doch dafür wiederum war der Bau gar nicht ausgelegt, so dass es vieler Amtswege und Umbauten des Betreibers bedurfte, bis im Frühsommer 2008 endlich die Ausschankgenehmigung erteilt wurde.


20.000 Boote fahren jährlich an Köpenick vorbei.

Wie viele von ihnen tatsächlich anlegen würden, gäbe es die „Köpenicker Seebrücke“ – darüber gibt es offenbar ganz unterschiedliche Auffassungen. Eine Wirtschaftlichkeitsprüfung, die dies im Vorfeld der Projektierung einer so riesigen Steganlage ermittelt hätte, hat es nie gegeben. Fakt ist aber, dass der erwähnte ehemalige kleine Steg des Tourismusvereins eine Auslastung von nicht mal 50 Prozent hatte. Nicht schwer also zu errechnen, wie stark – bzw. gering – die „Seebrücke“ ausgelastet wäre. Es ist also abzusehen, dass ein Betreiber über kurz oder lang mit den geplanten Kurzliegeplätzen wirtschaftlich gar nicht überleben kann. Darum drängt sich der Gedanke auf, dass dies vielleicht auch gar nicht gewollt ist. Denn wenn sich das ursprüngliche Konzept nicht rechnet, könnte man die Anlage ja umwidmen und hier für gut Betuchte und ihre Jachten attraktive und vor allem: einträgliche Dauerliegeplätze schaffen.

Wie geht es 2009 weiter am Frauentog? Wird es im Jubiläumsjahr eine Anlegemöglichkeit am Frauentog geben? Der Betreiber des Pavillons hat dem Bezirk zugesagt, eine eigene, provisorische Steganlage zu bauen, die in ihrer Größe etwa der damaligen Anlage des Tourismusvereins entspräche. Zu sehen ist davon allerdings noch nichts. In diesem Jahr noch wird zudem über die Klage der Anwohner und Fischer entschieden: Wird ihr stattgegeben, ist das Projekt vom Tisch. Wenn nicht, stellt sich die Frage der Finanzierung für die Befürworter gänzlich neu, denn obwohl das Personal zwischenzeitlich gewechselt hat, hält das Bezirksamt weiter an der Idee vom Riesensteg fest. Vielleicht könnte man – mit Umwidmungen und kreativen Wegen war man in der Vergangenheit ja schon erfolgreich – ein paar Gelder aus dem u. a. für Schulen und Kitas geplanten Konjunkturpaket des Bundes abzweigen?

Die touristische Anbindung der Altstadt auf dem Wasserwege auszubauen, ist sicherlich eine gute Idee. Und keiner – weder die Fischer und die Anwohner, noch die Natur- und Denkmalschützer – richten sich grundsätzlich dagegen. Jedoch gibt es aus ökologischer und denkmalpflegerischer Sicht durchaus verträgliche Alternativen zu dem nun schon sieben Jahre alten Mammutprojekt: So könnte man, zusätzlich zu einem kleinen Steg im Frauentog, weitere Anlegemöglichkeiten im nördlichen Luisenhain in der Nähe der Lindenstraße schaffen. Aber offenbar geht es auf politischer Ebene nicht darum, was stadträumlich sinnvoll ist, sondern nur darum, wofür Geld zur Verfügung steht. Und so wird lieber die Stadt den Fördermitteln angepasst, damit nur ja kein Euro verfällt.

Vielleicht gibt es demnächst EU-Fördermittel für den Bau von Fernsehtürmen. Dann könnte das Köpenicker Bezirksamt ja das fast vergessene Projekt vom Telespargel auf den Müggelbergen aus der untersten Schublade zaubern. Hah!


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