Man könnte meinen, Ralf Stegner sei längst eine feste Größe im politischen Inventar der Bundesrepublik: SPD-Linker, Reizfigur, scharfer Debattierer. Vielen gilt er als unbequem, manchen als anstrengend. Doch in diesem Gespräch im Bundestag zeigt er sich von einer Seite, die in Talkshows selten sichtbar wird.
Nach dem Schlagabtausch mit FDP-Politikerin Agnes Strack-Zimmermann bei Maischberger spricht Stegner über den Krieg in der Ukraine, über die Versuchungen militärischer Logik – und über die Möglichkeit, auf Diplomatie statt Eskalation zu setzen. Dabei nimmt er auch einen jüngsten Vorschlag Wladimir Putins auf, das START-Abkommen über Interkontinentalraketen zu verlängern, und erinnert daran, dass Abrüstung fast immer zwischen Gegnern verhandelt wurde, nicht zwischen Freunden.
Überraschend sind seine Gedanken zum Nahen Osten: Stegner fordert eine humanitäre Intervention deutscher Kräfte in Gaza, nicht mit Waffen, sondern mit Intensivmedizin und logistischer Hilfe, um das Leben von Kindern zu retten. Für ihn ist das keine naive Idee, sondern ein Gebot humanistischer Politik.
Ein zentrales Kapitel seiner jüngeren Arbeit ist zudem das Manifest für den Frieden, das er gemeinsam mit anderen bekannten Sozialdemokraten initiierte. Unter den Erstunterzeichnern: der frühere Bundesfinanzminister Hans Eichel, der Hamburger Altbürgermeister Klaus von Dohnanyi, oder auch Ex-Ministerpräsident Matthias Platzeck. Alle eint die Sorge, dass eine rein militärische Strategie in der Ukraine in die Sackgasse führt. Die Resonanz war gewaltig: Während internationale Medien das Papier aufgriffen und es als ernstzunehmenden Versuch einer neuen Friedensperspektive einordneten, wurde es in Deutschland zum Teil scharf attackiert – Kritiker warfen den Unterzeichnern Realitätsverweigerung oder gar Naivität vor. Stegner selbst verweist darauf, dass gerade die Schärfe der Reaktionen zeige, wie groß das Bedürfnis nach einer echten Debatte über Diplomatie sei.
Und schließlich geht es um die SPD selbst. Stegner warnt, die Partei dürfe ihre Rolle als Friedenspartei nicht preisgeben. Zu sehr habe sie die Themen „Krieg und Migration“ den Populisten überlassen. Wer Frieden und Gerechtigkeit nur noch technokratisch verhandelt, so seine Mahnung, verliert am Ende die Menschen.
Dieses Gespräch ist keine bequeme Sonntagsrede, sondern ein Plädoyer gegen die Gewöhnung an den Kriegston in Politik und Medien. Es ist der Versuch, die Debatte um Sicherheit, Verantwortung und Moral neu zu öffnen – jenseits von Parteirhetorik.
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