Wohlwollende Anmerkungen zur 30. Ausgabe von Sebastian Köpcke

Die Qualität des Maulbeerblattes besteht zuerst darin, dass es da ist. Es ist eine Idee – eine Vision – die real wurde. Genau da, wo andere meinen, man müsste mal, haben es die beiden Herausgeber einfach gemacht. Sie haben sich zusammengetan, haben ihren Enthusiasmus gebündelt, das Risiko geteilt und ein Monatsheft konzipiert, das in seinem Preissegment nahezu konkurrenzlos ist.

Des Weiteren besteht die Qualität des Maulbeerblattes in der Professionalität eben jener beiden Redakteure, die den Leuten kein weiteres minderwertiges Anzeigenblatt in die vollen Briefkästen drücken wollten. Vielmehr ging es ihnen von Anfang an darum, ein echtes redaktionelles Angebot für eine eigene, interessierte Leserschaft zu entwickeln.

Diese wird die Qualität des Magazins vor allem an seiner Themenvielfalt und an seinem Unterhaltungswert messen. Deshalb wird es auch künftig darauf ankommen, immer wieder die richtige Mischung zu finden. Urbanes und Weltläufiges gehören ebenso ins Maulbeerblatt wie eine spannende historische Rückschau, kritische Gegenwartsbeschreibungen und ein neugieriger Blick nach vorn. In Interviews und Porträts kommen Menschen zu Wort, die gehört und gesehen werden sollten und neben Nachdenklichem und Humorvollem ist auch blanker Unsinn unverzichtbar.

Dass man nunmehr die 30. Ausgabe in den Händen halten kann, ist ein schöner Erfolg, der natürlich weit mehr als nur zwei Väter hat. Wer Jörn Paschke und Matthias Vorbau kennen lernt, wird angenehm überrascht sein. Da haben sich zwei gesucht und gefunden, die dem solariumgebräunten Bild vom breitbeinig-dynamischen Macher als personifizierte Antithese entgegentreten können.

Paschke – leise, zurückhaltend, humorvoll – ergänzt sich wunderbar mit Vorbau – leise, zurückhaltend und auch für einen Spaß zu haben. Respektvoll teilen sich beide ihr kleines Büro in Friedrichshagen – Paschke raucht auch im Winter vor der Tür und Vorbau hört seinen unvermeidlichen Bob Dylan erst dann, wenn der Kollege weg ist. Diese pflegliche Art des Umgangs charakterisiert auch das Verhältnis zu ihrem sonstigen Umfeld – ihren leidenschaftlichen Autoren und ihren übrigen Mitstreitern, die jeden Monat beim Verteilen des Maulbeerblattes helfen.

So ist es wohl den meisten einfach ein pures Vergnügen, teilzuhaben an diesem Projekt, es zu befördern, daran mitzudenken und mitzuschreiben, denn reich wird mit dem Maulbeerblatt niemand. Die beiden Initiatoren firmieren hauptberuflich als elf62.net. Sie verkaufen grafische Gestaltung und zeitgemäßes Webdesign.

Ihrem eigenen Naturell entsprechend, bevorzugen sie dabei eher die leisen Zwischentöne. Das Laute und Grelle ist ihre Sache nicht. Neben dem Alltagsgeschäft führt der immer wieder viel zu frühe Drucktermin die beiden Maulbeermänner in Grenzerfahrungen, die nur mit Humor und jeder Menge Kaffee durchzustehen sind. An beidem besteht zum Glück kein Mangel.


Ines Schilling Aktuell

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