Im Bräustübl ist es noch düsterer als draußen. Gesichter, Farben und Formen verlieren sich. Und dann: ein rot, weiß und beige gestreifter Schlips. Dazu ein dunkelgraues Hemd und ein kariertes Jackett in den Farben des Schlipses, jedoch um etliche Farbmischungen blasser. Die Hose tut hier nichts zur Sache, wir setzen uns an einen Tisch und die Beine kommen da nicht mit drauf.
Da wären wir also, zusammen mit einem Koch, der auch Lebensmitteltechniker ist, einem Arzt für Sportmedizin, einer Physiotherapeutin, einer Fernsehjournalistin, zuständig für ÖkoWellness in Friedrichshagen und dem Mann mit dem Schlips, Stefan Tomek. Er wurde in Österreich geboren, ist etwas über 60 Jahre alt und ein ideenreicher Darstellungskünstler. Wenn man sich seinen Lebensweg ansieht, kann es einem schwindelig werden.
Begonnen hat alles mit einem Medizinstudium, das er vorzeitig abbrach. Stattdessen erwarb er einen Abschluss als Physiotherapeut, spielte Jazzmusik, schrieb Kurzgeschichten und bot Heilmassagen an. Dann begann eine megasteile Karriere im Bereich Marketing und Werbung als Werbetexter bis hin zur Geschäftsführung einer internationalen Werbeagentur in Hamburg. Dort beriet er Unternehmen wie den Verlag Der Spiegel und den Chrysler Konzern.
Danach ging es weiter nach Monaco, wo er sich mit dem Krisenmanagement und der Sanierung von Unternehmen beschäftigte. Zu den Höhepunkten aus dieser Zeit zählt wohl die Sanierung und Wiedereröffnung des Grand Hotels de l’Europe in Badgastein, Österreich. Hier konnte er Showgrößen wie Frank Sinatra und Liza Minelli begegnen. Jahre später begegnet er Wolfgang Lippert. Aber bevor es soweit kommt, schreibt Tomek noch ein paar Bücher und gründet die Edition Tomek Monaco. Zwischen 1980 und 1990 ist er Vorstandsvorsitzender und Mitglied von Aufsichtsräten international tätiger Aktiengesellschaften. Doch dann ist Schluss mit lustig. Krankheit und das in Luft aufgelöste Vermögen führen zur Lebenskrise. Noch einmal wird alles neu gedacht. In Stuttgart-Stammheim pflanzt er noch rasch einen gelben Rosenstrauch, dann zieht er weiter nach Mecklenburg-Vorpommern. Begründet dort den Ökohof Retzow als ökologische Wellnessfarm. Möglicherweise begegnet er hier Wolfgang Lippert, der ihm ein wenig von der Idylle Friedrichshagens erzählt. Infiziert durch die schöne Landschaft lässt Tomek sich am Müggelsee nieder und ruft 2006 ÖkoWellness ins Leben.
Was aber verbirgt sich nun hinter ÖkoWellness? Es heißt, dass Tomek als erster die Erkenntnisse der Ayurvedischen Medizin, der Blutgruppendiät und bewährte, klassische psychosomatische Grundsätze und Anamnesen zu einem Gesamtkonzept zusammengefasst hat. Gemeinsam mit einem Expertenteam entwickelte er ganzheitliche, individuelle Analyse- und Ernährungsprogramme. Eine neue, zeitgemäße Lebensqualität sollte auf den Markt gebracht werden und wird es bereits. Jeder Kunde erhält einen Kurzfragebogen zur Ermittlung des persönlichen Stoffwechseltypus und des Idealgewichts zur Optimierung der eigenen Ernährung. Anschließend wird für die betreffende Person ein Ernährungsprogramm auf der Grundlage der ÖkoWellness-Produkte erstellt.
Neu scheint das jedoch alles nicht zu sein. Vielmehr wird es bereits seit über 3000 Jahren praktiziert und heißt Ayurveda. Nun gut, die Sache mit der Blutgruppe gibt ein weiteres Merkmal zur Typbestimmung. Und kompliziert ausgedrückt wird das bestimmt auch seine Bedeutung haben. Aber worin besteht nun der Unterschied?
Bei ÖkoWellness sind es drei Stoffwechseltypen, bei Ayurveda drei Doshas (Tridoshas), Ernährungsprogramme gibt es bei beiden. Tomek spricht von der persönlichen Gesundheitsbilanz (Synergie-Bilanz), von optimalem persönlichem Coaching. Als Synergie bezeichnet man das Zusammenwirken von Lebewesen, Stoffen oder Kräften im Sinne von „sich gegenseitig fördern und ergänzen“, auch Holismus genannt.
Nun, Ayurveda ist ein holistisches, d.h. ein den gesamten Menschen umfassendes medizinisches System, in dem Geist, Körper und Seele bei der Diagnose und Behandlung von Krankheiten gleichermaßen berücksichtigt werden. Was also ist das Neue, das Besondere? Es sind die Produkte, die mit einem ökologischen Anspruch eigens für ÖkoWellness hergestellt werden. Diese sind äußerst schmackhaft, denn der Genuss ist ein wesentlicher Teil der Therapie.
Namhafte Köche haben daran mitgewirkt. Sarah Wiener scheint es auch zu schmecken. Sie ist Kundin und hat erst im letzten August ÖkoWellness in Friedrichshagen besucht. Im Bräustübl gibt es nicht nur Deftiges auf der Speisekarte, sondern auch ÖkoWellness. Und montags ist Schließtag, da werden hier die ÖkoWellness Produkte hergestellt.
Nun, das Besondere ist auch das Management. ÖkoWellness ist darauf aus, für den Einzelnen da zu sein, aber erreichen will man viel mehr. Zielsetzung ist es, Unternehmen zu finden (Hotels oder größere Konzerne), die ihren gesamten Speiseplan auf die Dachmarke ÖkoWellness abstimmen. Zuvor wird das gesamte Personal stoffwechseltypisch analysiert, damit jeder weiß, welches Essen ihm bekommt. Der Nutzen für das jeweilige Unternehmen soll sein: Das Personal ist und isst gesünder und Krankentage werden eingespart.
Der Koch, der Arzt und die Physiotherapeutin sind gedanklich schon damit befasst, ob ÖkoWellness für sie der Einstieg in eine neue berufliche Karriere sein könnte. Wir hingegen hätten gern noch eine Kleinigkeit im Bräustübl zu uns genommen, aber so einfach ohne Stoffwechseltypbestimmung drauflos zu essen, scheint uns nun widersinnig.
Ein kurzer, kräftiger und warmer Händedruck und ein flüchtiger Blick in etwas traurige, aber keineswegs freudlose Augen entlässt uns nach draußen. Alles sieht nun irgendwie heller und klarer aus, als noch vor zwei Stunden, alles scheint möglich zu sein. Wien, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern - Ich denke an Monaco, an Frank Sinatra und suche schon mal den Mond.
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