Austritt und Nachtritt

Die Stadträtin Cornelia Flader tritt aus der CDU aus.
Erstveröffentlichung am 17. Mai 2021
Die Treptow-Köpenicker Stadträtin für Weiterbildung, Schule, Kultur und Sport nutzt den Schritt für eine Generalabrechnung mit ihrer Partei, der sie intransparente Hinterzimmerpolitik  vorwirft.
Stadträtin für Weiterbildung, Schule, Kultur und Sport Cornelia Flader
Foto: Matthias Vorbau
––– EDIT–––23.06.2021–––

Neustart bei den Freien Wählern

Der Abschiedsschmerz von Cornelia Flader über ihren CDU-Austritt währte nicht lang: Knapp vier Wochen, nachdem sie im Mai die Partei verlassen hatte, fand die Stadträtin für Weiterbildung, Schule, Kultur und Sport  eine neue politische Heimat bei den Freien Wählern. Und nicht nur das: Am 20. Juni wurde Flader sogar zur Bezirksvorsitzenden in Treptow-Köpenick gewählt. Die  Freien Wähler,  die in Berlin im Jahr 2019 von Marcel Luthe, einem ehemaligen FDP-Mitglied, gegründet wurde, wollen erstmalig bei den Wahlen im September antreten. Flader kandidiert als Spitzenkandidatin für die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) sowie  für ein Mandat im Abgeordnetenhaus. Cornelia Flader hatte ihren Wechsel zu der neuen Partei damit begründet, dass die Freien Wähler „frei von Ideologie, bürgernah und sachortientiert“ arbeiteten. Die Kür zur Bezirkschefin kommentierte die 57-Jährige  in aller Bescheidenheit: „Die Freien Wähler haben erkannt, welches Potenzial in meiner Person vorhanden ist.“ ––– EDIT––– Die CDU im Wahljahr 2021: Da zoffen sich zwei Parteichefs um den Posten des Kanzlerkandidaten. Und kaum ist einer von ihnen gewählt, stichelt der Andere mehr oder weniger subtil gegen den vermeintlich falschen Sieger. Da bereichern sich Parteimitglieder mit Maskendeals illegal um Millionen. Die einst mächtige Volkspartei, die seit vielen Jahren im Land regiert, stürzte zuletzt in Umfragen dramatisch ab. Diese Entwicklung, die auch viel mit einem Mangel an Aufrichtigkeit, Wertschätzung und Kommunikation zu tun hat, reicht bis ins Lokale hinunter: Cornelia Flader, 2016 für die CDU als Stadträtin in Treptow-Köpenick gewählt, ist „mit sofortiger Wirkung“ aus der Partei ausgetreten. Das gab sie am Abend des 16. Mai bekannt. Die CDU, sagt sie, sei nach einer 15-jähriger Mitgliedschaft keine Heimat mehr für sie. Der Austritt sei der Abschluss eines langen Weges des Auseinanderlebens. „Ich habe lange mit mir gekämpft und vieles ertragen, jetzt ist das vorbei“, sagte die 58-Jährige dem Maulbeerblatt.

Mangelnde Wertschätzung

Flader nutzt ihren Schritt für eine Generalabrechnung mit der CDU. Das Fass zum Überlaufen, so sagt sie, habe die Nominierung des Kanzlerkandidaten ohne Beteiligung der Basis gebracht. Hinzu kämen die Maskenaffäre, die schlechten Listenplätze für Kandidaten aus dem Ostteil Berlins für die bevorstehenden Wahlen sowie die orientierungslose Pandemiepolitik und eine fehlende bis unprofessionelle Kommunikation.
„Das alles rundet das Bild einer in sich zerrissenen Volkspartei ab, in der es nur noch um die Sicherung der eigenen Machtansprüche geht.“
Doch nicht nur der Bundespartei, auch dem Kreisverband der CDU Treptow-Köpenick und dessen Chef Maik Penn wirft Flader eine „intransparente Hinterzimmerpolitik“ vor. Mit Penn habe es nicht nur keine vertrauensvolle Zusammenarbeit gegeben; der Kreischef habe seit über einem Jahr nicht mehr mit ihr gesprochen. Für die Wahlen im Herbst wurde die 58-Jährige nicht berücksichtigt, sie findet sich auf keiner Liste der CDU-Kandidaten wieder. „Das kann man so machen“, sagt Flader, „aber dann muss man es kommunizieren.“ Was aber nicht geschehen sei. Cornelia Flader wurde im Herbst 2016 Stadträtin für Weiterbildung, Schule, Kultur und Sport, als Nachfolgerin für den CDU-Mann Michael Vogel. Weil SPD und Linke der CDU damals signalisiert hatten, dass sie den umstrittenen Vogel nicht wählen würden, stand Kreischefd Maik Penn selbst als Stadtrats- Kandidat bereit. Dann aber wurde es - für viele überraschend – die damalige Schulleiterin Cornelia Flader.

Retourkutsche des Kreischefs

Maik Penn weist alle Vorwürfe Fladers zurück: Schließlich sei er, Penn, derjenige gewesen, der Flader damals als Stadträtin ins Gespräch gebracht habe. „Ebenso habe ich sie für den Landesvorstand der CDU und als stellvertretende Kreisvorsitzende vorgeschlagen“, sagte er dem Maulbeerblatt. Leider habe sich die Zusammenarbeit anders als gewünscht und erwartet entwickelt. Die Austrittsgründe habe Flader intern in keiner Sitzung auch nur im Ansatz thematisiert, so der Kreischef. Was die von ihr beklagte Hinterzimmerpolitik betrifft, keult Penn zurück: Vielleicht könne Flader ja öffentlich machen, „welche Gespräche sie 2016 in welchen von ihr initiierten Runden mit wem führte, um Stadträtin zu werden.“ In der offiziellen Stellungnahme des Kreisverbandes Treptow-Köpenick liest sich das dann etwas diplomatischer: „Vertrauen, Loyalität und Kommunikation können niemals Einbahnstraße sein, um gemeinsam Erfolg zu haben“, heißt es da. Aus ihrem Ärger, nicht erneut zur Kandidatin für die Bezirksverordnetenversammlung aufgestellt geworden zu sein, macht Flader keinen Hehl. „Die CDU behandelt ihre Stadträte schlecht, vor allem im Osten“, sagt sie. Auf Facebook, wo Parteimitglieder Respekt für Fladers Austrittt äußerten, schreibt Kreischef Penn: „Bei uns mangelt es nicht an schriftlichen und mündlichen Beschwerden von Sportvereinen, Schulleitungen, Elternvertreterns und Mitarbeitern des Bezirksamtes. Da gibt es immer mehrere Seiten...“

Wechsel in andere Partei möglich

Im Bezirksamt, so teilt Flader in ihrer Erklärung mit, werde sie weiter mitarbeiten – zunächst als parteiloses Mitglied. Aber was bedeutet „zunächst“? Es gebe Angebote anderer Parteien. Maik Penn rechnet fest damit, dass Fladers Name demnächt auf anderen Parteilisten auftaucht: „Leider kommt es immer wieder in allen Partein vor, dass Mandatsträger mit den Ergebnissen von Nominierungen nicht einverstanden sind und dann durch fliegenden Parteiwechsel zu anderen Parteien in der Hoffnung auf Mandatserhalt wechseln“, schreibt er. So selten ist ein Parteiwechsel von Mandatsträgern tatsächlich nicht. Auch in Treptow-Köpenick gab es diverse solcher Schritte. So trat der einstige PDS-Jugendstadtrat Dirk Retzlaff zur SPD über, als er in seiner Partei nicht mehr berücksichtigt wurde. Als es auch bei den neuen Parteifreunden Streit gab, endete seine politische Karriere als parteiloser Hinterbänkler. Ärger gab es im Jahr 2016, als kurz nach der Wahl der langjährige Grünen-Politiker Peter Groos zur SPD wechselte. Alle, die damals grün gewählt hatten, bekamen plötzlich einen SPD-Mann mehr. Die SPD profitierte vom Wechsel, Gross wurde wieder Vorsteher der BVV, was er vorher bereits für die Grünen war. Ob und zu welcher Partei Cornelia Flader wechseln wird, will sie noch nicht sagen. „Das ist alles noch zu emotional, ich muss noch nachdenken“, sagt sie.

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