Was macht die Kunst, Andreas Toth?

Türchen Nummer 14 des Maulbeerblatt-Adventskalenders mit 24 Künstlern des Berliner Südostens
»Künstler sind nicht überflüssig, doch Soldaten sind viel wichtiger«, singt Funny van Dannen. Aber was tun Künstler eigentlich so aus gesellschaftlicher Sicht? Gestalten sie tatkräftig unser aller Leben mit oder sind sie scheue Wesen – verschanzt im Elfenbeinturm? Vermögen sie es tatsächlich, die Gesellschaft zu bewegen? Was können wir von Künstlern über uns und die Zeit erfahren, in der wir leben? Und: Was kommt 2024 wohl auf  uns zu? Das wollten wir von ihnen selbst wissen und haben deshalb über die vergangenen Monate hinweg 24 bildende Künstler befragt, denen wir im Berliner Südosten begegnet sind. Der Maler Andreas Toth ist die Nummer 14 unserer Adventskalender-Künstler-Reihe.
Der Maler Andreas Toth in seinem Atelier in Schöneiche.
Foto: Caroline Gubig
„Mich fasziniert der Raum, also räumliche Wirkungen in der Malerei oder in Bildern und natürlich in meinen Collagen. Das ist sozusagen ein Dauerthema. Wenn ich alte Arbeiten aus meiner Studienzeit, in den 80er Jahren an der Kunsthochschule Berlin anschaue, sehe ich, dass da auch schon der Raum mein Thema war. Also schon immer. Was ich in meinen Bildern darstelle, ist eigentlich nirgendwo vorhanden. Es kann sich nicht wirklich etwas darin spiegeln. Meine künstlerische Arbeit verhilft mir selbst zu einer Zentrierung und zu einer Ruhe zu kommen. Auch wenn die Arbeiten fertig sind, vermitteln sie etwas Ruhiges, Harmonisches. Der Betrachter kommt sozusagen zur inneren Ruhe. Und das ist für mich schon noch ein wichtiger Faktor, der mich veranlasst, diese Kunst zu machen.
Meine Arbeiten haben mit Toth zu tun.
Ich bin schon immer ein Verfechter von der These gewesen, Kunst solle sich aus der Politik raushalten. Weil wenn Kunst politisch wird, dann steht sie ja im Dienste von einer Sache und ist nicht mehr frei. Wenn die Kunst sich nicht in den Dienst einer Sache stellt, kann sie hingegen ganz frei agieren. Ich habe auch ein paar Jahre als Gastprofessor Malerei unterrichtet. Mein Ansatz war immer, dass jeder, der Kunst macht, irgendwann was aus sich heraus bringt, was nur in ihm drin ist, also was Individuelles. Meine Arbeiten haben mit Toth zu tun. Das ganz Eigene, das Individuelle zum Vorschein zu bringen und sichtbar zu machen ist mein Beitrag für die Gesellschaft. Man kann sich natürlich auch unterhalten, um etwas von sich zu erzählen. Aber das, was ich mache, das spiegelt ein Stück weit, wie ich bin und was über mich zu sagen ist. Wenn ich sehr politisch wäre, von meinem Naturell her, dann würde ich mich sicherlich auch irgendwo engagieren und einbringen. Vielleicht hätten auch die Sachen, die ich mache einen politischen Anspruch oder eine politische Aussage. Aber ich bin von Natur aus eher unpolitisch, würde ich sagen. Ich freue mich hier an den Pflanzen in meinem Garten und wenn ich an einem Bild an der Wand vorübergehe, bleibe ich stehen und freue mich.  

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  Picasso war ja auch eine Zeit lang sehr engagierter Kommunist. Irgendwann ist er dann aber auch wieder ruhiger geworden und hat sich wieder seiner Malerei mehr gewidmet und seinen Keramiken, die er gemacht hat. Ich würde keinen Künstler danach bewerten, ob er nun politisch politisch ist oder nicht. Als Lehrer habe ich meinen Schülern immer gesagt Achtsamkeit ist ganz wichtig. Man kann oberflächlich durchs Leben gehen, von Anfang bis zum Ende. Und dann ist man tot und hat nichts mitgekriegt. Und meine Arbeiten, die erfordern ja auch ein bisschen Achtsamkeit und ein bisschen Beschäftigung. Wenn jemand meine Sachen zum Ersten Mal sieht, dann kann ich mir gut vorstellen, dass man da auch einfach nur das Holz sieht oder Papierschnipsel oder Stoff, aber nicht die Raumsituation. Na ja, im Großen und Ganzen bin ich sehr zufrieden. Also ich bin deswegen zufrieden, weil ich in meinem Leben jetzt an einem Punkt angekommen bin, wo ich relativ viel Freiheit habe. Also ich habe ja nun wirklich lange als Lehrer gearbeitet und da ist es einfach so, man, man kommt gar nicht zu sich, man hat ständig irgendwelche Aufgaben und Verpflichtungen und am machen und da machen und machen und die Zeit reicht trotzdem nicht. Und als ich dann in Pension gehen konnte und wir dann hierhergezogen sind und das Atelier fertig war und ich hier drin arbeiten konnte, das ist wie so eine Win win, den Freiraum, den man da plötzlich um sich rum hat und das genieße ich ja.
Ich bin schon immer ein Verfechter der These gewesen, Kunst solle sich aus der Politik raushalten.
2023 war schön. Viele, viele Sonnentage. Und wenn ich dann hier drin bin oder mich draußen mal hinsetzt oder so, das ist rundum angenehm. Und wenn ich dann Arbeiten hinkriege, wo ich dann am Schluss denke aber so ist es gut. Das sind Erfolgserlebnisse und das finde ich sehr gut. Was jetzt so politisch passiert, das geht so ein bisschen an mir vorbei, muss ich sagen. Wir produzieren ja nicht Kunstwerke, weil sie gebraucht werden, sondern weil wir das Bedürfnis haben, sie herzustellen. Kunstwerke sind ja eigentlich eine überflüssige Zutat. Man braucht sie ja nicht, um nicht zu verhungern oder zu verdursten. Kunst ist jedoch etwas, was ein Fünkchen Freude erzeugt. Vielleicht vergleichbar mit einem Menschen, der sich morgens anständig duscht, um sauber zu sein und ordentlich anzieht, um nicht zu frieren. Wenn er dazu noch ein bisschen Parfüm an sich ran macht und später anderen Menschen begegnet, hat er bei denen ein kleines Fünkchen Freude erzeugt. Und so sehe ich auch die Rolle der Kunst.“

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