Absolution durch Kunst

Comic-Zeichnungen gegen das schlechte Gewissen
Na, heute wieder mit der perfekten Morning-Routine in den Tag gestartet? Gefastet, gefrühstückt, meditiert, gelesen, aussortiert, die Oma im Altersheim angerufen und vorm Durchstarten was Gutes getan? Nein? Wer ein nützliches Mitglied dieser Gesellschaft sein will, ist gefragt, sich zu optimieren. Und zwar ständig, weil die beste Version seiner selbst immer noch lange nicht genug ist. Doch wo bleibt da der Raum für die, denen das nicht gelingt? Für die, die Fehler begehen und später bereuten? Für die, die etwas verbockt haben und sich wünschen, sie hätten es besser gemacht? Für die, die ihren eigenen Ansprüchen nicht gerecht werden?

Foto: Björn Hofmann

Dorthin schauen, wo es wehtut

Die Treptower Comic-Künstlerin Jana Kreisl hat sich vorgenommen, dem Scheitern und Sündigen auf den Grund zu gehen. Sie schaute dorthin, wo andere verschämt den Kopf wegdrehen. Und sie fand heraus, dass vielen Menschen ein Ort fehlt, an dem sie sich von der Seele reden können, was sie bewegt. Wer katholisch ist und in die Kirche geht, weiß, was zu tun ist, wenn er wieder mal nicht perfekt war: Ab in den Beichtstuhl, raus mit den ungebeten Gefühlen und her mit der Absolution. Es könnte alles so einfach sein, lebten wir nicht in einer säkularisierten Welt, in der das Beichten aus der Mode gekommen ist.

Also machte sich Jana Kreisl selbst ans Werk und baute den Beicht-O-Mat, einen Beichtstuhl ohne Religion. An öffentlichen Plätzen in ganz Deutschland setzte sie sich in die selbstgebaute Konstruktion und hörte zu, was ihr die Menschen, die sich trauten, zu erzählen hatten. Die Geschichten der Beichtenden hielt sie auf Zeichnungen fest. Wer gebeichtet hatte, bekam das Bild seiner „Sünde“ durch einen Schlitz gereicht.

Illustrativ festhalten, was losgelassen wurde

Was bei der Künstlerin abgeladen wurde, reicht von kleineren Vergehen bis hin zu Storys, über die man aus nachvollziehbaren Gründen jahrelang nicht sprechen wollte. Kreisl schaut dabei genau hin, ohne voyeuristisch zu sein. Sie hält fest, was endlich losgelassen wurde. Und sie schafft ein tiefes Verständnis dafür, dass wir am Ende doch einfach alle menschlich sind – und Fehler, impulsive Reaktionen oder schlechte Eigenschaften ganz normal.

Das Buch „Geht´s eigentlich nur mir so?“ enthält eine Auswahl an Zeichnungen und dazugehörigen Geschichten aus dem Beicht-O-Mat. Trotz der mitunter schweren Themen handelt es sich um eine bunte, witzige und lebensbejahende Sammlung liebevoll gestalteter Anekdoten, die Lust machen, quer zu lesen, hängenzubleiben und sich zu verlieren.

Wer Lust hat, das im eichborn Verlag erschienene Buch zu lesen, kann hier ein von der Autorin signiertes Exemplar gewinnen. Schreib bis zum 1.7. eine Mail an gewinn@maulbär.com mit deinem Namen.

 

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