Der Kletterpark Grünheide: Sanft schaukeln die Colakästen im Wind hin und her. Zehn, zwölf Meter über den Köpfen leuchtet ihr Rot durch die Baumwipfel. Die Blicke der Kursteilnehmer, welche eben ihre Sicherheitseinweisung erhalten, gehen ab und an nach oben. Neugier mischt sich mit Ehrfurcht, Vorfreude mit Respekt.
Nach Wochen, in denen Regen und Kälte schier endlos auf Land und Seele lagen, ist nun doch der Sommer angebrochen. Das Grün der Bäume strahlt intensiv in der Sonne und vom nahen Wasser streicht eine angenehme Brise durch den Wald. Über unseren Köpfen winden sich Meter um Meter Stahlseile, Hängebrücken und Netze zwischen den Bäumen. Hölzerne Plattformen säumen in unterschiedlichen Höhen die Stämme. Wir befinden uns in einem Waldstück unmittelbar neben dem Nordstrand des Werlsees im Kletterwald Grünheide. Fünf verschiedene Kletterparcours verbinden hier über sechzig verschiedene Elemente zu aufregenden Rundtouren durch das Blätterdach und die Konstrukteure haben sich viel einfallen lassen, um dabei keine Langeweile aufkommen zu lassen. Obwohl das schon angesichts der Höhe von bis zu fünfzehn Metern, auf die man emporschwingen kann, unwahrscheinlich erscheint.
Ein erster Blick in die Runde bereits offenbart Erstaunliches: In vielleicht drei Metern Höhe spannt sich ein schmaler Holzsteg über den Weg, auf dem ein Bobbycar auf Fahrgäste wartet. Gleich daneben schaukelt ein ausgedientes Paddelboot. Weiter oben, mitten im Geäst einer stattlichen Linde, schimmert das Segel eines Surfbretts in der Sonne. Doch während man sich noch umschaut, ist die Einweisung bereits vorbei und die Ersten aus der Gruppe beginnen die Treppe zum ersten Rundkurs zu erklimmen. Als Freund festen Bodens und allen Aktivitäten, die sich mehr als einen halben Meter über der Erde abspielen eher skeptisch gegenüber stehend, schaue ich lieber meiner Freundin dabei zu, wie sie über meinem Kopf etwas wackelig über ein Stahlseil balanciert. Das Bobbycar allerdings scheint wirklich Spaß zu machen und auch das Überklettern des Paddelboots sieht schon von unten sehr amüsant aus. Insbesondere in den unteren, etwas einfacheren Parcours sorgt der Einfallsreichtum der Konstrukteure so immer wieder für erheiternde Momente. Der Spaß wirkt ansteckend und auch ich ertappe mich dabei, wie meine Neugier die Angst mehr und mehr verdrängt.
Spätestens ab der dritten Runde wird dann auch schnell deutlich, warum so viel Wert auf eine gründliche Sicherheitseinweisung gelegt wird. In der respektablen Höhe ab fünf Metern aufwärts erstrecken sich abwechselnd Bretter, Seile und Holzelemente in verschiedensten Anordnungen zwischen den Baumstämmen, auf denen es sich voranzubalancieren gilt. Alles wackelt und schwankt beständig, und als eine Wand aus Holzstämmen den Weg versperrt, die nur langsam und unter Einsatz gymnastischen Talents umklettert werden kann, wird jedem bewusst, wie anstrengend so ein Kletterausflug auch werden kann.
Insbesondere der fünfte Parcour hat es in sich. Nach den ersten vier Runden und guten eineinhalb Stunden Kletterei durch die Bäume fordert dieser letzte Rundkurs noch einmal alles an Kraft und Energie. Sportlicher Ehrgeiz und Höhentauglichkeit sind hier besonders gefragt. Etwa wenn man eine 45° Steigung auf einem verdrehten und beständig schwankenden Netz aus Seilen hochzuklettern hat oder der sog. „Tarzansprung“, wenn man sich aus über fünfzehn Metern Höhe in ein Netz fallen lassen muss. Nach guten zwei Stunden sind alle Parcours einmal durchstiegen und auch als anfänglich zurückhaltender Beobachter habe ich mich anstecken lassen und stelle mich dem ersten Rundkurs. Eine Schrecksekunde durchfährt mich sofort, als ich den Blick von der Startplattform nach unten richte. Die drei Meter sahen von unten viel weniger hoch aus. Und wie diese Holzstrickleiter schwankt! Es dauert ein paar Minuten, bis die erste Angst besiegt ist und ich mich mit tastendem Schritt auf die doch sehr durchsichtige Konstruktion wage. Gottvertrauen, ein letzter banger Blick auf die Sicherheitsgurte und der lockende Zuruf meiner Freundin bewegen mich schließlich über den wackeligen Abgrund.
Beim zweiten Element aber, einer von vielen Seilrutschen, an der man an einem Drahtseil hängend durch die Blätter schwebt, mischt sich bereits ein wenig Spaß unter die Angst, und spätestens beim Bobbycar überwiegt die Lust am Abenteurer deutlich. Mein Blick geht jetzt immer häufiger nach vorn statt ängstlich in Richtung Boden. Und wie ruhig es hier oben ist! Durch die Äste schimmert hell und lockend der See und eigentlich ist es richtig schön hier, hoch oben in den Bäumen, der Welt ein klein wenig entrückt.
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