Bei einem Post-1.Mai-Konterbier nimmt die Band die Maske ab und lässt blicken, dass sie sich perfekt ergänzen: Eine Hälfte der Band beansprucht den Preis für die schönste Unterhose für sich, die andere Hälfte trägt keine.
Musiker und ihre Musikerfreunde
Die beiden Hälften sind Chrissi und René. Sängerin Christin Nichols, die halb aus Leeds wurzelt und seit 2009 gern in Leo-Mänteln durch Berlin wandelt. Bassist René Riewer, der in seiner WG übt und kein Solo wie das andere klingen lässt. Proben gibt es nicht: „Wir machen einen Song und dann gehen wir auf die Bühne“. Kennengelernt haben sie sich über ihren gemeinsamen Freund Sway Clarke II, als dessen Vorband sie ihr erstes Konzert im Keller in Neukölln spielten.
Auch mit Andy Penn, Gitarrist der Band Mia., sind sie dicke, sodass sie ihm auf der Nie wieder 20 Tour im Frühjahr Gesellschaft leisteten. Zwischen ihren Auftritten als Mia.-Support veröffentlichten Prada Meinhoff am 6. April ihr gleichnamiges Debüt-Album.
Bei ihrem Release-Konzert im Roten Salon der Volksbühne beweisen die beiden nicht nur ihre Live-Power, sondern feiern auch die Videopremiere ihres Songs „Cocktail“. Praktischerweise haben die beiden Freunde im Tanz- und Feuerspucker-Milieu, die mit Freude an der Produktion des Musikvideos mitwirkten. Auch Chrissis Kumpel Boris ist dabei.
Boris Aljinovic, auch bekannt als ehemaliger Berliner Tatortkommissar, erscheint anlässlich der Videopremiere stilecht im Trenchcoat. Auf der Leinwand wird er in eine Katakombe entführt, gefesselt, geküsst, abgeleckt, vom Partysog erfasst. „Gefesselt, um loszulassen“, fasst René zusammen.
Keine Toleranz für Langeweile
Das Publikum ist bunt gemischt, ob Mädels oder Jungs, ob jung oder alt, ob Tatortkommissare oder amerikanische blaue Hasen. Wer Fantasie für überragende deutsche Texte und Energie zum Partymachen hat, ist bei Prada Meinhoff-Konzerten genau richtig. „Hauptsache keine Nazis“, sagt Sängerin Chrissi.
Ein fast schon nerviges, aber leider nicht wegzudenkendes Thema in der Musikwelt. Echo retournieren? Nein, lieber Mama schenken, meint Chrissi. „Anstatt diesen Preis einzustampfen, hätte man sich mal fragen sollen, warum so viele Leute Nazi-Sachen und rechtsradikalen Scheiß hören, warum so Nazi-Bands wie Frei.Wild nominiert sind. Oder diese beiden Mongos, die jetzt über Auschwitz in einer widerwärtigen Art und Weise reden. Allein, dass das jetzt der Anschuss ist, ist natürlich schlimm genug. Aber wie die über Frauen reden, wie die überhaupt reden und wen sie nicht alles gefickt haben und wie degradierend die gegen Homosexuelle wettern – eigentlich hätte man schon von vornherein mal als deren Plattenfirma sagen sollen ‚Geht’s noch?!‘.“
Die jüngste Debatte reicht aber nicht als Kritik an der Preisverleihung. „War ja eh eine langweilige Bumsveranstaltung, bei der immer Helene Fischer gewinnt.“ Tatsächlich hat der Echo erst vor allem durch sein Ableben wieder an öffentlichem Interesse gewonnen. „Ein gesundes Selbstbewusstsein ist gut. Aber ich finde es befremdlich, sich auf so eine prätentiöse Art und Weise selbst zu feiern. Einer von diesen fünf Vorstandstypen hat auch gesagt, Berlin braucht ein Preisevent mit Leuchtturmcharakter, wo ich so denke ‚Boah Junge ey, dann gehe an den BER.‘“
Da der BER seinen Konzertraum noch nicht ganz fertig bekommen hat, spielt das Duo demnächst lieber in der Kantine am Berghain (16. Juni) und auf dem Feel Festival am Bergheider See (08. Juli).
Absolut erlebenswert. Das Geheimrezept dieser Band: Keins. Keine Proben, keine Unterhosen, keine Nazis, kein Echo.