Nervende Uferkanten

Segeln, Surfen, Baden – für alles, was im Sommer Spaß macht, ist der Müggelsee gut. Die Wasserqualität wurde von der LaGeSo in den vergangenen vier Jahren immer als „ausgezeichnet“ eingestuft. Und auch jetzt ist mit dem erfrischenden Nass alles in Ordnung. Der Müggelpark in Friedrichshagen ist nach längeren Bautätigkeiten in Teilbereichen wieder zugänglich. Dennoch gibt es Probleme. Ausgerechnet die Uferkanten treiben manchen Leuten rund um das Gewässer Sorgenfalten auf die Stirn. In Friedrichshagen liegt es an der Ungewissheit: Im Müggelpark stocken die Bauarbeiten, weil die Baufirma die Betonfertigteile für die Uferkante nicht herstellen konnte. „Die Firma hat mehrere Muster vorgelegt“, sagt Martin Pallgen von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. „Aber sie waren nie zufriedenstellend. Man hätte sie trotz der Nachbesserungen keinesfalls in Serie gehen lassen können.“ Immerhin: Das Ufer zwischen der Rettungsstation und dem Bootsanleger ist seit Frühjahr 2014 fertig. Böse Überraschungen sind von dieser Seite nicht mehr zu erwarten. Am östlichen Ende des Müggelparks war – zum Glück? – eine Stahlspundwand gefragt, und die ist, wie gesagt, angebracht. Doch auf den 85 Metern vom Anleger bis zum Spreetunnel fehlen die Betonteile für den Abschluss der Uferkante an der westlichen Seite. Bei der Senatsbauverwaltung ist man bereits auf der Suche nach einer neuen Firma. Noch läuft aber die Ausschreibung. „Mit der Vergabe der noch ausstehenden Leistungen ist bis Ende Juni zu rechnen“, so Pallgen. Wie lange sich die Sanierung der Uferkante dann hinaus zögert, kann Pallgen nicht sagen. „Das hängt von dem neuen Auftragnehmer ab.“ Eine ebenso vage Antwort gibt er auf die Frage nach den Mehrkosten. Bisher war immer von 1,8 Millionen Euro für die Uferkante die Rede. Ob’s teurer wird? „Dazu können wir erst nach Abschluss der Baumaßnahme eine Aussage machen.“ Das Ganze wäre halb so schlimm, wenn die Sanierung des Gartendenkmals Müggelpark kein Gemeinschaftsprojekt wäre. Der größte Teil des 1,6 Hektar großen Areals mit seinen 117 Bäumen erstrahlt ja schon im neuen Glanz. Unter der Leitung des Grünflächenamtes sind die Arbeiten pünktlich abgeschlossen worden. Doch für die Uferkanten und überhaupt alle Aufgaben, die vom Wasser aus erledigt werden müssen, trägt der Senat die Verantwortung. Und so lange die Uferkante noch im Bau ist, kann der dazugehörige Uferweg nicht in seiner vollen Breite angelegt werden. Also dauert es mindestens einen weiteren Sommer, bis 2016, so lange müssen Besucher, Anwohner und Touristen am Bauzaun entlang flanieren. Kurioserweise geht es auch in Rahnsdorf, am Strandbad Müggelsee, um einen Bauzaun, um Betonteile und vor allem um Uferkanten. Auch Verzögerungen und damit verbundene Unzufriedenheit prägen das Bild. Entscheidender Unterschied: Am Strandbad besteht die Hürde nicht darin, Betonteile aufzustellen, sondern sie wieder zu entfernen. Ein großes Ärgernis ist, dass die Vorfreude der Badegäste schon am Eingang getrübt wird. Man kann ihn nämlich gar nicht übersehen: den Bauzaun, 250 Meter lang, der sich direkt vor der Nase und direkt an der Badestelle entlangzieht. Und das schon seit anderthalb Jahren. Dass trotzdem 120.000 Besucher im vergangenen Jahr den Weg zum Strandbad Müggelsee gefunden haben, kann nur an der hohen Baustellen- Toleranz der Berliner liegen. Jedenfalls, wo das Wasser auf das Land trifft, weithin markiert durch den Bauzaun, verläuft eine unterirdische Spundwand. Eisenbewehrte Betonteile, DDR-Wertarbeit, um das Ufer zu befestigen. „Die Platten stecken drei Meter tief im Erdboden“, sagt Gion Voges. Er ist der Vorsitzende der „Bürger für Rahnsdorf“. Seit über zehn Jahren engagiert sich der Verein für das Strandbad und auch dafür, dass die Uferkante endlich verschwindet. Ein weiteres Ärgernis ist, dass die Uferkante immer noch steht. Schon im vergangenen Frühjahr hat Voges voll Freude verkündet, sie werde bald weg sein. „Die Teile müssen mit schwerem Gerät aus dem Erdreich gezogen werden“, erzählte er damals auch uns vom Maulbeerblatt. Das sei keine ganz einfache Aufgabe. Sie sollte so wenig einfach sein, die Aufgabe, dass das zuständige Ingenieursbüro sich trotz der in Aussicht gestellten 500.000 Euro Entlohnung zunächst gar nicht in der Lage sah, sie zu lösen. „Es gab technische Probleme“, sagt Voges, und fügt hinzu, dass er selber „stinksauer“ war. „Zehn Jahre sind wir da dran, zehn Jahre hat es gedauert, bis überhaupt einmal etwas passiert ist “, sagt er. Die ganze Zeit habe der Verein „Bürger für Rahnsdorf“ sanften Druck ausgeübt. „Und wenn wir zu laut geworden wären, hätte uns die Verwaltung vielleicht noch das Bad geschlossen.“ Unfälle sind ja geschehen. „Auf der Spundwand sitzt eine Abdeckplatte, deren Beton zerbröselt“, erläutert Voges. Da das Wasser am Strandbad Müggelsee sehr flach ist – nach 50 Metern können die Badegäste immer noch stehen – ist das Bad vor allem für kleine Kinder ideal. Wenn nicht die Gefahr bestünde, dass sie sich an der maroden Uferbefestigung verletzen. Nun aber ist er sich sicher: „Spätestens im September werden die Arbeiten beginnen.“ Wenn alles gut laufe, rücke das schwere Gerät sogar schon in diesen Tagen an, um die Betonteile an die Luft zu befördern. Dass die Rahnsdorfer noch ein Jahr warten müssen und Badegäste vom Zaun abgeschreckt werden, glaubt Voges nicht. Und das hat einen Grund: „Der Bund hat das Strandbad als Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung anerkannt. Jetzt muss sich hier auch etwas bewegen, um den Verfall zu stoppen.“ Der Bund hat eine finanzielle Förderung ins Auge gefasst. Einzige Bedingung: Es muss eine Kofinanzierung vom Senat geben. „Wir haben darum eine Petition gestartet, um im Rahmen des Sonderprogramms für öffentliche Investitionen 8,5 Millionen Euro zu erhalten.“ Für das Eierhäuschen, so Voges, habe der Senat zehn Millionen Euro bewilligt. „Warum nicht auch für das ebenso beliebte und traditionelle Strandbad Müggelsee?“

maulbeerblatt ausgabe 16 Aktuell, Editorial

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