60 Tage (fast) ohne Internet

Ein Survival-Bericht, Teil 2
Durch unglückliche Umstände blieb die Behausung des Verfassers ganze 60 Tage offline. Hier schildert er seine Erlebnisse.
Hat jemand Wilson gesehen?
Woll`n wir Beachvolleyball spielen? Ach, Du hast auch kein Netz???!!!!
So war es von Tag 1 bis 25 … (schlimm!)

Tag 26: Glauben ist alles

Bei der Suche nach weiteren Quellen bin ich auf den „godspot – Das freie WLAN der Evangelischen Kirche“ gestoßen. Als Fan von Netzwerknamen wie „Martin Router King“, „In einem LAN vor unserer Zeit“ oder „Pretty Fly for a WiFi“ muss ich zugeben, dass ich nachhaltig beeindruckt ob so viel Kreativität bin.

Tag 32: Ein Tropfen auf dem heißen Stein

Im Eurocity nach Prag gibt es 200 Megabyte gratis WLAN. Gierig sauge ich sie weg wie Lord Voldemort das Einhornblut in Harry Potter. Es sind die kleinen Dinge im Leben, die man zu schätzen wissen muss.
Jeder ist seines Clickes Schmied.

Wahlspruch diverser Online-Redaktionen


Tag 39: Unter dem Radar

Schon erstaunlich, was man ohne Netz so alles verpassen kann: Die Horrorfigur Momo verängstigt Kinder in manipulierten Videos und bei der Birdbox-Challenge bringen sich Menschen in Gefahr. Wie meinte ein Antagonist aus „Matrix“ doch gleich?

Unwissenheit ist ein Segen.


Tag 45: R u ok?

Ein Mitspieler aus einem Videospiel, den ich noch nie persönlich getroffen habe, meldet sich bei mir. Er fragt, ob alles in Ordnung ist, schließlich habe ich noch nie solange mit Abwesenheit geglänzt. Da behaupte nochmal jemand, Online-Gamer seien unsozial.

Tag 59: Die Ankündigung

Der neue Router kam vor einigen Tagen. Habe ihn so ehrfürchtig, als handele es sich dabei um die Bundeslade, sorgfältig ausgepackt und behutsam installiert. Heute erhalte ich mehrere SMS mit demselben Inhalt: Morgen ist der Anschlusstermin! Ich soll bitte zu Hause sein und sicherstellen, dass der Techniker die Wohnung findet. Frage mich, ob die von sämtlichen Nachbarn zusammengeklaubte und an der Hausfassade angebrachte Weihnachtsbeleuchtung ausreicht. Habe außerdem die ganze Straße mit Landebahnlichtern, die eigentlich für den BER vorgesehen sind, ausgestattet. Sicherheitshalber klebe ich trotzdem noch ein Post-it an das Klingelschild.

Tag 60: Der Maulwurf

Er ist da! Sogar überpünktlich. Ein kleiner, eher rundlicher Mann, spärlicher Haarwuchs, Nickelbrille. Trägt eine übergroße Tasche mit allerlei Gerätschaften. Mit einem Werkzeug daraus prüft er unter gestrengem Blick unsere DSL-Buchse.
„Kein Saft auf der Leitung.“
nickt er streng und putzt dann seine Brillengläser. Entschlossen marschiert er in den Keller zu unserem Hauptanschluss. Kurz darauf wechselt das Router-Lämpchen von rot zu grün. Nicht alle Helden tragen einen Umhang.

Tag 61: Zurück zur Normalität

Wir haben wieder Netz. Es ist kaum zu glauben. Aus Sorge, es könne aus welchen Gründen auch immer wieder verloren gehen, lasse ich in Dutzenden geöffneten Tabs präventiv alle möglichen Videos buffern und lade sämtliche PDFs herunter, die mir irgendwo angezeigt werden. Sobald eine Seite eine Millisekunde länger lädt als üblich, bilden sich Schweißperlen auf meiner Stirn. Wir haben vielleicht das Schlimmste überstanden, aber das Trauma wird noch eine ganze Weile bleiben.
Wer das Megabyte nicht ehrt, ist die Datenflat nicht wert.

Kais kleine Köpenick-Kolumne

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