Die Fotostrecke ist typisch für Cornelia Fieguth. „Too good for your Standards“ entstand in den Jahren 2002/ 2004. Sie übersetzt das mit “Wir sind zu gut für euch“ Oder mit “Wir passen nicht in euer System“. Hintergrund: Ein Köpenicker Jugendclub, das „Café“ sollte dichtgemacht werden. Wieder einmal. Ihr Jugendclub. Cornelia Figuth protestierte auf ihre Art. Ruhig, doch nicht weniger intensiv als eine Straßenblockade zu organisieren. Sie fotografierte. Ihre Freunde aus dem Club. Die kamen dem Wunsch der heute 29jährigen gern nach. Und posierten vor ihrer Kamera. Junge Frauen und Männer, ganz natürlich. Einige davon sind tätowiert. Ein Model sagte: „Conni, meine Eltern wissen nicht, dass ich Tatoos habe“.
In die Veröffentlichung der Fotos willigte sie trotzdem ein. Für den guten Zweck. Inzwischen wissen die Eltern Bescheid. Und sind stolz auf ihre Tochter, deren Portraits nun in einem Magazin abgedruckt sind. „Verschiedene der Abgelichteten mussten sich vor dem Fotoshooting Mut antrinken. Dann haben sie sich vor die Kamera gestellt, und ich habe einfach abgedrückt“, sagt die 1978 in Berlin-Köpenick Geborene gewohnt bescheiden. Herausgekommen ist eine Serie, die durch Direktheit, Natürlichkeit und Intensität anspricht. Es fällt schwer, sich den trotzigen Haltungen der Modelle zu entziehen. Dem stummen Protest.
Der Weg Cornelia Fieguths vom Knipsen zur künstlerischen Fotografie ist konsequent. 1982 entsteht das erste Foto mit Papas Praktica. Schon ein Jahr später entwickelt sie im elterlichen Bad ihr erstes eigens Foto. Sie sagt: „Es war ganz schlecht, aber ich war stolz, dass ich es geschafft habe“. Ab 1992 darf sie mit Papas Praktica als Dauerleihgabe fotografieren. Im selben Jahr entsteht ihre erste Modestrecke „Katja“. Vier Jahre später ersteht sie ihre erste eigene Kamera, eine Nikon F70. Im Jahr 2000 verliebt sie sich in Bornholm. Mehrere Fotostrecken entstehen auf der Dänen-Insel. 2001 beginnt Cornelia Fieguth eine Ausbildung zur Fotodesignerin. Eine Frage der Zeit: 2003 die erste Hasselblad. Fieguth: „Die Welt ist ein Quadrat“. Ein Jahr später schließt sie die Ausbildung zur Fotodesignerin erfolgreich ab. Als Belohnung erhält sie vom Vater eine Nikon F90 als Dauerleihgabe. Doch auch vor ihr macht die Digitalisierung im Fotobereich nicht halt: 2004 legt sie sich ihre erste eigene Digitalkamera, eine Fuji Finepix S2 Pro, zu. „Für die schnellen Auftragsarbeiten“, sagt sie.
Immer experimentiert sie in der Zwischenzeit herum: So baut sie 2005 ihre erste Lochkamera. Aus einer Coladose. Zu sehen sind die wie aus einer anderen, leiseren Welt stammenden Bilder auf ihrer Website. Auch dort keine Kompromisse: Schnörkellos und informativ. Immer lichtet Fieguth Personen ab, zu denen sie eine innere Beziehung aufgebaut hat. Ob es Geld dafür gibt, ist ihr dabei zumeist egal. Das Künstlerische steht im Vordergrund. Neuerdings arbeitet Cornelia Fieguth als Bildredakteurin für ein Wirtschaftsmagazin. Auch oder gerade eine wie sie muss ab und zu auch Geld verdienen. Fotoreporter oder freie Fotografin – das kam für Fieguth bisher nicht in Frage. Undenkbar für sie, wegen Geldes etwa eine Hochzeit abzulichten. Nun also feste Arbeitszeiten. Und ein festes Honorar. Denn – wie so oft in der Branche – erhielt sie den Job nur unter der Bedingung, der Selbständigkeit. Der Preis ist hoch. Doch wenn es gut läuft, kann sie von dem Geld „ihre“ Projekte weiterverfolgen. „Ein eigenes Studio wäre gut“, sagt sie. In der Wendenschlossstraße gebe es eine alte Fabrik. Da haben sich Künstler gefunden. Die wolle sie ablichten. Nur so. Aus Spaß am Fotografieren. Übrigens: Zur Schließung des Jugendclubs kam es damals nicht. Daran hatte nicht zuletzt auch Cornelia Fieguth ihren Anteil.
Cornelia Fieguth im Internet:Â www.fotografieguth.de
Ausstellungen (Auswahl):
1998 „Theater, Theater!“ (HdjK);
2003 “Too good for your standards“ (Möbelfabrik);
2003 „Too good for your standards“ (HdjK);
2004 „Made in Germany“ (Café Moskau);
2005 „Potsdam durchleuchtet“ (FH/ Potsdam);
2005 „Industrie + Form“ (Wilhelminenhöfe/ OSW);
2005 „Bornholm ohne Linse“ (Labude/ OSW);
2005 „Menschen auf Bornholm“ (Kunstwinter 05/OSW).
Autor: Matt Müncheberg
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