Eröffnung jetzt – Party später

Verpackungsvermeidung in Zeiten von Corona
Friedrichshagen mit seinen vielen, einzelhändlergeführten Geschäften, war schon immer berühmt für seinen besonderen Charme. Jetzt bekommt der hübsche Ort am Ufer des Müggelsees ein weiteres Glanzstück hinzu: einen Unverpackt-Laden. Aus ökologischen Gründen sieht das Ladenkonzept ein unverpacktes Warenangebot vor. Wie das in Zeiten mit Corona geht, stellt das neue Inhaberpaar vor.
Steffen Lippert von unverpackt-berlin hinter Mehrweggläsern
Foto: Bettina Ullmann
Einkaufen sei Politik, so heißt es doch immer. Stimmt, dieses Statement hört man vor allem aus der ökologisch orientierten Ecke. Aber mit der Vermeidung von Plastik und Verpackungen ist es in der Praxis eben doch sehr viel schwieriger, als man meint. Und das liegt nicht einmal am Mangel der guten Absichten auf der Konsumentenseite. Man steht vor der Gemüse- und Obstauslage eines großen Supermarktes oder Discounters in Deutschland oder den Regalen der deklarierten Billigshops und die plastikverhüllten Waren türmen sich stapelweise. Wir schreiben das Jahr 2020, seit Jahrzehnten ist klar, dass unser Planet unter seinen Plastikbergen erstickt, aber nach wie vor sucht man in den Geschäften der großen Ketten oft genug vergeblich nach plastik- bzw. verpackungsfreien Alternativen im Warenangebot. „Wer Plastikvermeidung konsequent betreiben möchte, hat es zu schwer“, ist die Überzeugung des neuen Inhaberpaares von Unverpackt-Berlin, Sybille Benke und Steffen Lippert. Vor einigen Wochen haben sie den ehemaligen Regioladen in der Bölschestraße in Friedrichshagen übernommen. Mit ihrem Faible für das Thema Nachhaltigkeit und den beruflichen Expertisen bringen die beiden Unternehmer gute Voraussetzungen mit, das schmucke Örtchen um einen Unverpackt-Laden bereichern zu können: Sybille Benke (48) ist Betriebswirtin für Management und verfügt über entsprechende Kompetenzen im Bereich Hygiene, Steffen Lippert (49) war als Gymnasiallehrer für Biologie, Physik, Naturwissenschaften und Mathematik tätig und auch früher schon mehrere Jahre selbständig. Beide haben jahrelang während der Schul- und Studienzeit als Aushilfskraft in Supermärkten gejobbt. Steffen Lippert hat seine Lehrertätigkeit für das neue Geschäft aufgegeben, je nach Geschäftslage würde Sybille Benke nachziehen.

Ladeneröffnung trotz Corona

„Es liegt uns fern zu missionieren. Dennoch wird es wirklich eng, wenn wir immer nur an das Heute und nicht an die Zukunft denken. Insofern sind wir schon Überzeugungstäter“, sagt Steffen Lippert ruhig lächelnd. „Vergleichbar mit dem Einkauf in einem Bioladen, sind wir der Meinung, dass Konsum mit einem guten Ökogewissen die Zukunft ist und genau aus diesem Grund auch den Verbrauchern mehr Spaß und Genuss bringt.“ Zukunft? Ein sensibles Stichwort mit Explosionspotenzial in diesen schwierigen Coronazeiten. Kein Mensch überschaut zum jetzigen Zeitpunkt, wie es weitergehen wird, zu viele Unbekannte enthält die Prognoserechnung noch. Doch das ändert nichts an der Leidenschaft und Überzeugung das Paares aus Rüdersdorf. Sie beweisen Mut statt Resignation, Zuversicht statt Panik und reichlich kreativen Unternehmergeist. Das originäre Datum der Ladeneröffnung, der in dem ehemaligen Regioladen einen gut vorbereiteten Platz für dieses Konzept gefunden hat, mussten sie nun um einen Monat von Anfang April auf Anfang Mai verschieben. Schließlich steht das Konzept nunmehr unter völlig neuen Prämissen, ungeahnte Aufgaben und auch richtig hohe Hürden stellen sich in den Weg. „Wir persönlich verwerten die besondere Situation als Herausforderung, die wir bewusst und lösungsorientiert annehmen möchten. Uns erscheint es gerade jetzt besonders wichtig, seriös und konstruktiv nach vorne zu schauen“, sagt Sybille Benke. Das breite Sortiment des Unverpackt-Berlin beinhaltet Gemüse, Obst, Molkereiprodukte, Körner, Mehle, Müsli, Flocken, Grieß, Hülsenfrüchte, Ölsaaten, Nüsse, Trockenfrüchte, Backzutaten, Süßungsmittel, Gebäck, Schokolade, Süßwaren, Gewürze, Öl/Essig, Honig, würzige Aufstriche, Nuss-Muse, Kaffee, Tee, Kakao geben und – wann immer möglich – in offenen Behältern sowie zum selbst Abfüllen bzw. -wiegen. Nahezu alle Lebensmittel werden in Bio-Qualität auch in Demeter- und Bioland-Qualität, erhältlich sein. Auch gluten- und laktosefreie oder vegane Lebensmittel enthält das Angebot, jeweils immer nur gerade so viel, wie es die Kunden selbst benötigen. „Auch die Vermeidung von Lebensmittelverschwendung liegt uns am Herzen“, sagt das Inhaber-Duo. Hinzu kommen weitere Extras wie Haushaltswaren, Drogerieartikel, Zero-Waste-Artikel, zum Beispiel Flaschen, Brotboxen, Behälter. Im Unverpackt-Berlin wird es aber nicht nur um Konsum gehen, sondern auch Genuss wird großgeschrieben. Mit Kaffee, Tee, Kakao, Müslis sowie einem warmen Mittagstisch mit vegetarischen und veganen Eintöpfen und Suppen, wird ein kleines, feines gastronomisches Angebot serviert, das in den Sommermonaten und risikofreien Zeiten auch im Garten im Freien eingenommen werden kann.

Neue Regeln für die besondere Situation

Gerade der Umgang mit den offenen Lebensmitteln des Unverpackt-Ladens in der Verkaufssituation erfordert ein komplett neues Konzept:
  • Die KundInnen müssen frei von Erkältungssymptomen sein und werden am Eingang auch danach gefragt;
  • Es dürfen sich maximal 3 Kunden im Laden aufhalten, die sich an Richtungspfeilen wie in einer Einbahnstraße nur in eine Richtung bewegen können;
  • Der Kaffee steht nunmehr ausschließlich als Coffee-to-go auf dem Speiseplan, der warme Mittagstisch und das Müsliangebot müssen sich bis zu risikoarmen Post-Corona-Zeiten gedulden;
  • Das Mitbringen eigener Behälter ist weiterhin möglich;
  • Händedesinfektionsmittel und Einmalhandschuhe werden am Eingang bereitgestellt;
  • alle Kunden erhalten neue, frisch gereinigte Einfüllhilfen, Zangen und Schaufeln;
  • alternativ kann das Abfüllen offener Lebensmittel vom Verkaufspersonal übernommen werden;
  • Als vorübergehenden, besonderen Service können die Kunden ihren Einkaufszettel inklusive Behälter im Geschäft abgeben und zur vereinbarten Zeit gefüllt wieder abholen.
„Trotz der widrigen Umstände, möchten wir das Geschäft gerne eröffnen. Die Kunden benötigen auch jetzt hochwertige Lebensmittel. Wir hoffen sehr, dass wir auf ein unterstützendes, solidarisches Verhalten unserer neuen Kundschaft zählen können, denn darauf sind wir jetzt angewiesen“, sagen die Inhaber. Da eine große Eröffnungsparty zurzeit nicht möglich ist, wird das Geschäft am Eröffnungstag ab 9 Uhr normal geöffnet sein. „Die Kundschaft kann uns an diesem Tag das erste Mal persönlich kennenlernen, die neue Ladeneinrichtung in Augenschein nehmen und einen ersten Einkauf tätigen. Einen kleinen Willkommensgruß gibt es auch. Die eigentliche Eröffnungsparty müssen wir natürlich verschieben. Aber wenn sie dann stattfinden wird, vielleicht schon mit unseren ersten Stammgästen“, freuen sich Sybille Benke und Steffen Lippert auf ihr großes, historisches Ereignis in denkwürdigen Zeiten.
Eröffnung: Samstag, 2. Mai 2020, 9:00 Uhr Öffnungszeiten: Mo-Fr: 9:30 - 18 Uhr und Sa: 9:30-13 Uhr Die „richtige“ Eröffnungsparty wird in coronafreier Zeit nachgeholt! unverpackt-berlin, Bölschestraße 120, 12587 Berlin, Tel. +49 (0)176 20 30 25 64, info@unverpackt-berlin.com

Christian Arbeit im leeren Stadion an der Alten Försterei Turnbeutel

Ein Jahr ohne Stadion. Ein Jahr ohne Union?

Foto: Stefanie Fiebrig Bei Union haben sich unterdessen zwangsläufig Dinge verändert, und vielleicht ist manches davon sogar gut. Mit Christian Arbeit,...

Schneemann adé – wegen Klimawandel Editorial

Liebste Nachbarn,

Wir freuen uns besonders, dass wir Ausnahmekünstler HOLOB erneut für die Gestaltung der Titelillustrationen gewinnen konnten....

Frau mit Bhuddamaske und Kind im Arm Mama Mia

Kinderkriegen ohne Sex

Foto: Ksenia Makagonova Ich gebe zu, die Kita-Erzieherinnen haben eine mehrwöchige Pause mehr als verdient. Aber es ist schon eine Herausforderung,...